Ukrainische Dramatikerinnen werden Artists in Residence

Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets werden Artists in Residence in Kooperation mit der Akademie Schloss Solitude

„Mit unserem neu geschaffenen Artists in Residence-Programm können wir Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets nicht nur in Stuttgart eine neue Heimat geben, sondern ihnen auch weiterhin die Arbeit für das Theater ermöglichen. Der Krieg in der Ukraine hat unglaubliches Leid verursacht und tausende Menschen ihrer Heimat und ihrer Lebensgrundlage geraubt. Wir haben von Beginn an im Rahmen unserer Vorstellungen Spenden für die Menschen in der Ukraine gesammelt. Für die Stuttgarter Hilfsorganisation STELP e.V. sind inzwischen rund 80.000 Euro zusammengekommen, davon mehr als 60.000 Euro im Schauspielhaus und Kammertheater – eine wirklich unglaubliche Summe, für die wir unserem Publikum sehr dankbar sind. Darüber hinaus wollten wir als Schauspiel aber auch ganz konkret ukrainischen Dramatiker:innen helfen, trotz Krieg und Flucht weiterhin ihre Kunst auszuüben“
- Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski.

Kurz nach Kriegsbeginn waren Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets aus der Ukraine geflohen. Auf Vorschlag des diesjährigen Alleinjurors des Europäischen Nachwuchs-dramatiker:innen Preises, Marius Ivaškevičius, und des Schauspielintendanten Burkhard C. Kosminski erhielten die beiden Dramatikerinnen von März bis Mai 2022 zunächst das Jean-Jacques-Rousseau-Stipendium der Akademie Schloss Solitude.

Exil-Premiere des Malyi Teatr Kyjiw am 5. Jun 22 im Kammertheater

Am 25. Februar 2022 wollte das Malyi Teatr in Kyjiw die Uraufführung des Stücks Onkel Mischa geht vorbei von Luda Tymoshenko unter dem Inszenierungstitel Zal’ot („Fliegen“) feiern. Doch just am Tag der Generalprobe am 24. Februar begann der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Das Schauspiel Stuttgart gibt der Produktion nun eine neue Heimat: Am 5. Juni feiert Zal’ot mit der ursprünglichen Besetzung und Regisseur Yuri Radionov seine Exil-Premiere im Kammertheater. Zuvor war es gelungen, die inzwischen über die gesamte Ukraine verstreuten Schauspieler:innen, das künstlerische Team um Regisseur Yuri Radionov sowie das Bühnenbild aus Kyjiw nach Deutschland zu holen.

Vor der Premiere bietet sich die Gelegenheit, die ukrainischen Künstler:innen, ihre Arbeit und die Theaterszene in
Kyjiw kennenzulernen. Am 5. Juni um 18:30 Uhr findet ein Artists Talk mit der Autorin Luda Tymoshenko, dem Regisseur Yuri Radionov und dem Leiter des Malyi Teatr Kyjiw, Dmytro Veselsky im Kammertheater Foyer statt. Zudem gibt es im Anschluss an die zweite Vorstellung am 6. Juni ein Publikumsgespräch.

Aktuell ist im Malyi Teatr kein Proben- und Vorstellungsbetrieb möglich. Zum einen aufgrund des weiter anhaltenden Luftalarms in Kyjiw; zum anderen, weil sich viele Mitarbeitende außerhalb Kyjiws oder in europäischen Ländern in Sicherheit begeben haben. Drei Mitglieder des Theaterteams haben sich den Streitkräften angeschlossen, andere engagieren sich in der Freiwilligenarbeit, der Pressearbeit oder leisten humanitäre Hilfe. Trotzdem bereitet das Malyi Teatr weiter neue Inszenierungen vor, die online geprobt werden. Gesucht werden nun alternative Aufführungsorte außerhalb Kyjiw.

Weitere Projekte mit Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets im Juli

Im Laufe der kommenden Monate wird das Schauspiel Stuttgart verschiedene Projekte mit Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets realisieren. Den Auftakt macht am 5. und 6. Juni die Uraufführung des Stücks Onkel Mischa geht vorbei von Luda Tymoshenko unter der Titel Zal’ot im Kammertheater.

Beim Sommerfest der Akademie Schloss Solitude am 1. Juli werden Ensemblemitglieder des Schauspiels Stuttgart aus dem Stück Katzen auf der Flucht lesen, das die beiden Dramatikerinnen Luda Tymoshenko und Maryna Smilianets gemeinsam in Stuttgart geschrieben haben. Darin erzählen sie anhand von vier Katzen auf für Kinder verständliche Weise, wie man mit lebensumwälzenden Umständen wie Flucht und Krieg umgeht, ohne zu verzweifeln. Die Lesung wird zeitnah im Schauspiel Stuttgart wiederholt.

Ebenfalls noch vor der Sommerpause kommt das Projekt Not a cherry orchard / Kein Kirschgarten, eine audiovisuelle Installation von Luda Tymoshenko und der Illustratorin Anna Scherbyna, im Foyer des Schauspielhauses zur Uraufführung. Die Arbeit geht der Tatsache nach, dass Kriegswaffen im ukrainischen Volksmund inzwischen nach ihrer Ähnlichkeit mit Bäumen benannt werden. In der Installation verbinden sich Texte von Luda Tymoshenko sowie 15 weiteren ukrainischen Dramatiker:innen mit Anna Scherbynas Illustrationen und zeigen die unscharfen Grenzen der Realität, in der Menschen während des Krieges existieren.

Zudem arbeitet Maryna Smilianets aktuell an einem Stück für das Schauspiel Stuttgart. Dessen Präsentation sowie weitere gemeinsame Projekte folgen in der kommenden Spielzeit 2022/23.