Pigs

Eine interaktive Installation von Miriam Tscholl
Kammertheater
Stuttgarter Premiere
Do – 23. Jun 22
Der Mensch ist ein Allesfresser. Seit 2,6 Millionen Jahren findet sich neben pflanzlicher auch tierische Nahrung auf dem menschlichen Speiseplan. In Europa das meistverzehrte Tier jedoch im Islam und im Judentum verboten – kein Tier wird ambivalenter betrachtet als das Schwein. Es steht für Glück und Wohlstand, und doch möchte niemand als solches bezeichnet werden. Menschen und Schweine gleichen einander physiologisch, und dennoch distanzieren wir uns von ihnen wie von keinem anderen Tier. Nicht erst seit dem Skandal im Tönnies-Schlachthof wissen wir alle: Fleischproduktion ist oft grausam und wichtiger Mitverursacher der Klimakrise. Ernährung ist eine Frage der Identität geworden und führt zu Streit in Familien und Kantinen. Greenpeace fordert, den Fleischkonsum bis 2050 zu halbieren. Doch warum bleibt dieser in Deutschland seit Jahrzehnten hoch, obwohl viele sich Veränderungen wünschen und das Bewusstsein für die Zusammenhänge zwischen Fleischkonsum und Klimakrise besonders in der jungen Generation rasant gestiegen ist?
In Miriam Tscholls PIGS treffen in einer digitalen Installation 30 Zuschauer:innen auf 30 Expert:innen in Sachen Schwein: Metzger:innen, Agrarpolitiker: innen, Klimaaktivist:innen, Landwirt:innen, Verbraucher:innen und viele mehr. In einem Prozess zwischen digitalem Infotainment und Demokratiespiel reflektieren die Zuschauer:innen einzeln und als Gruppe ihr ambivalentes Verhältnis zum Schwein. Da betreten zwei analoge Rampensäue die moralische Anstalt. Die Schauspieler:innen grüßen herzlich von Dionysos, auf dessen rauschenden Partys einst Tiere zerrissen und gegessen wurden.

Eine Koproduktion der Münchner Kammerspiele und der Schauburg München, dem Nationaltheater Mannheim/Schauspiel mit der Bundesgartenschau Mannheim 2023, dem Schauspiel Hannover, dem Schauspiel Stuttgart und dem Theater an der Parkaue Berlin.

Nach der Vorstellung am Di – 28. Jun 22, 20:00 findet ab ca. 21:30 eine anschließende Podiumsdiskussion im Rahmen des Wissenschaftsfestivals mit Prof. Dr. Volker Stefanski, Professor der Universität Hohenheim, Fachgebiet Verhaltensphysiologie von Nutztieren und Dr. Thilo Hagendorff, Experte für angewandte Ethik, insbesondere Technik- und KI-Ethik der Universität Tübingen, statt.

Die Diskussion kann unabhängig von der Theateraufführung besucht werden. Der Eintritt für die Podiumsdiskussion ist frei.
Inszenierung
Ausstattung
Bernhard Siegl
Musik
Polina Lapkovskaja
Dramaturgie
Audiovisuelle Gestaltung
Georg Werner

Pressestimmen

Ludwigsburger Kreiszeitung
Arnim Bauer, 29. Jun 22
"[eine] bemerkenswerte Arbeit", "spannend und unterhaltend"

"Auf den Bildschirmen [sind] dann Menschen zu sehen und zu hören sind, die sehr fundiert in jeweils etwa vierminütigen Statements ihre Ansichten zum Thema Fleisch, Tierhaltung und Konsum darlegen. … Da sprechen Veganerinnen, Metzgermeister, Tierrechtlerinnen, Agrarexperten und Beschäftigte in der Fleischindustrie, Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansätzen und Meinungen, meist gut begründet, und so wird ein buntes Meinungsbild dargelegt, das auch die These widerlegt, dass hier nur einseitig argumentiert werden soll, den Fleischessern der Spaß verdorben werden soll. Nein, die unterschiedlichen Ansichten finden hier Raum."

"Sauber austariert zwischen sachlicher Information und darstellerischem Spaß geht es auch in die letzte Runde, nämlich die Frage, wie schädlich eigentlich die Massentierhaltung für die Umwelt ist. Und auch da werden auf spannende und gleichzeitig unterhaltende Weise Fakten präsentiert, die zumindest ein Innehalten provozieren, ein Nachdenken über althergebrachte Gewohnheiten und neue Genuss- und Profitgier.

Gut gemacht, sauber durchdacht, ein Theaterabend, der sich lohnt, der Unterhaltung, Diskurs und Information sehr gut verbindet."

Stuttgarter Zeitung
Adrienne Braun, 25. Jun 22
"... ein Experiment der besonderen Art. Denn nur dreißig Personen können Platz nehmen in dem großen Rondell, bei dem jeder seinen eigenen Monitor hat. Hardy Punzel und Fabian Raabe sind Moderatoren, liefern sich als Schauspieler aber auch heftige Wortgefechte darüber, ob man Fleisch vom Speiseplan streichen sollte."

"Und doch ist der Abend interessant, weil man über Videos Personen kennenlernt, die von ihrer Haltung zum Tier erzählen. Da ist der Maler, der keine Farben mit Blut von Schildläusen benutzt, da ist der Aktivist, der irgendwann feststellte, dass der Geschmack allein ein schwaches Argument für Fleischkonsum ist. Und ein Mann erklärt, dass er als Muslim nicht in gängigen Supermärkten einkauft – weil in vielen Produkten Schweinefett oder -fleisch steckt. Seine Wirkung wird "Pigs" letztlich nicht verfehlen, immerhin regt das Stück an, über die eigenen Gewohnheiten nachzudenken."

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Online Merker
Alexander Walther, 26. Jun 22
"Hardy Punzel und Fabian Raabe [sind] wandlungsfähige [und temperamentvolle] Darsteller."

"Diese interaktive Installation lotet neue Formen des Theaters aus."

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Betrachtungen eines Hausschweins