Der gute Mensch von Sezuan

Parabelstück von Bertolt Brecht mit Musik von Paul Dessau
Mitarbeit Ruth Berlau und Margarete Steffin
Musikalische Bearbeitung von Cornelius Borgolte


Schauspielhaus
Dauer – ca. 2:55 Std, eine Pause
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Premiere
Sa – 15. Okt 22
Drei Götter steigen auf die Erde herab, da immer mehr Klagen über die Unbewohnbarkeit der Welt zu ihnen dringen. Sie einigen sich auf einen Minimalkonsens: Die Verhältnisse können bleiben, wie sie sind, wenn genügend gute Menschen gefunden werden, die ein menschenwürdiges Dasein leben können. Der Prostituierten Shen Te geben die Götter ein Startkapital, um einen kleinen Tabakladen zu eröffnen. Schlagartig sieht sich Shen Te von Bittstellern umgeben, die an ihrem bescheidenen Wohlstand teilhaben möchten. Shen Te erschafft sich ein Alter Ego, sie tritt als ihr skrupelloser Vetter Shui Ta auf den Plan. Er gründet eine Tabakfabrik, in der die Angestellten unter unwürdigen Bedingungen arbeiten müssen. Als das Gerücht aufkommt, Shui Ta habe seine Cousine ermordet, sieht sich Shen Te von allen Seiten umstellt.
Die Götter haben ausgedient. Sie stehlen sich aus der Verantwortung, verweisen den Menschen auf sich selbst und kehren schließlich reichlich ramponiert in den Himmel, also ins „Nichts“, zurück. Güte als absolutes moralisches Gesetz scheint unmöglich.

Die Frage, ob moralisches Empfinden als oberste Handlungsmaxime gelten kann, beschäftigt die Philosophie seit jeher. Bertolt Brechts 1943 in Zürich uraufgeführtes Parabelstück verdichtet dieses Dilemma: Kann ein guter Mensch im kapitalistischen Wirtschaftssystem überleben oder wird Güte erst durch Unbarmherzigkeit ermöglicht? Shen Te, der gute Mensch von Sezuan, klagt die Verantwortung jede:r Einzelnen ein: „Oh, ihr Unglücklichen! Eurem Bruder wird Gewalt angetan, und ihr kneift die Augen zu! Der Getroffene schreit laut auf, und ihr schweigt?“
Inszenierung
Bühne und Kostüm
Licht
Dramaturgie
Musikalische Leitung
Gesangscoach
Sandra Hartmann
Musiker:innen
Jo Ambros, Eugen Aniskewitz, Tommy Baldu, Cornelius Borgolte, Lukas Brenner, Max Treutner, Clara Vetter, Martin Wiedmann, Lisa Wilhelm

Pressestimmen

Stuttgarter Zeitung
Nicole Golombek, 17. Okt 22
Die Musik zu Liedern wie dem „Von der Wehrlosigkeit der Götter und Guten“ von Paul Dessau in einer Bearbeitung von Cornelius Borgolte und der Sezuan Electric Band wird ausgiebig beklatscht. […] es ist ein starker Abend, der die berühmten Worte des Epilogs, „Vorhang zu und alle Fragen offen“ ernst nimmt. Das Publikum geht gedankenreich nach Hause.
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Ludwigsburger Kreiszeitung
Arnim Bauer, 17. Okt 22
Spannend […] die durch rockige Instrumentierung und entsprechende Arrangements kräftig aufgepeppten Songs von Paul Dessau, die Cornelius Borgolte und die Sezuan Electric Band radikal und konsequent modernisiert haben. […]
[Paula Skorupa] brilliert geradezu in der Doppelrolle Shen Te/Shui Ta. […] Paula Skorupa durchbricht mit einem unglaublich feinen Spiel diese Schranken, lässt den Zuschauer mit ihren durchaus gespaltenen Figuren nicht nur denken, sondern auch fühlen und bleibt bei allem Trash und aller Ideologie eine greifbare, komplette Figur.
Dazu beweist sie sich einmal mehr als versierte Rocksängerin […]

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Rhein-Neckar-Zeitung
Heribert Vogt, 19. Okt 22
Der für Bühne und Kostüme verantwortliche Stefan Hageneier leistet Überragendes. Zum einen transportiert die in chinesisches Rotlicht getauchte Drehbühne das wuselige Treiben um Shen Tes Tabakladen, zum anderen schneidert der Ausstatter für sie ein fantastisches hautenges Ganzkörperkostüm, das an die Mutantin Mystique in dem Comicfilm „XMen“ erinnert. Dieser androgyne Look passt zur Persönlichkeitsspaltung der Hauptfigur, die mal weiblich-einfühlsam, mal männlich-rational auftritt. Denn immer, wenn es ungemütlich wird, switcht Shen Te in ihren gefühlskalten „fucking Vetter“ Shui Ta, der aufräumen muss.
In dieser Doppelrolle liefert Paula Skorupa eine super Leistung ab. Mit viel Einsatz bringt sie die Zerrissenheit Shen Tes über die Rampe, die immer das Gute will, aber stets an den Realitäten ihres Elendsviertels scheitert.

Online Merker
Alexander Walther, 15. Okt 22
Paula Skorupa gelingt es als Shen Te und Shui Ta, der zwiespältigen Doppelrolle mit darstellerischem Geschick gerecht zu werden. […] Valentin Richter zeigt als Wasserverkäufer Wang komödiantisches Talent. Die drei Götter werden von Marietta Meguid, Noah Baraa Meskina und Reinhard Mahlberg mit erhabender Deutlichkeit, aber auch zuweilen stoischer Ruhe dargestellt. Eine köstliche Charakterstudie liefert Evgenia Dodina als Witwe Shin. Peer Oscar Musinowski überzeugt als exaltierter stellungsloser Flieger Yang Sun, während die wunderbar wandlungsfähige Gabriele Hintermaier als nervtötende Hausbesitzerin Mi Tzü, Frau Yang und Polizist brilliert. Michael Stiller überzeugt ferner als Schreiner Lin To, Barbier Shu Fu, Arbeitsloser und Kellner.
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