Der Sturm

von William Shakespeare
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
Sa – 22. Apr 23, 19:30
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Schauspielhaus
Premiere
Sa – 22. Apr 23
Karten
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Sa – 22. Apr 23, 19:30
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Mit einem großen Sturm beginnt Shakespeares letztes Drama. Himmel und Meer spielen verrückt. Eine kleine Insel rettet den Schiffbrüchigen das Leben. Es ist nicht irgendeine Insel. Der Zauberer Prospero hat sie in der Hand. Der Sturm ist die Geschichte Prosperos. Einst war er Herzog von Mailand. Zu spät bemerkte er, dass sein Bruder Antonio eine Verschwörung plante, um ihn zu stürzen und die alleinige Macht über Mailand zu erlangen. Die Intrige ging auf. Vertrieben vom königlichen Hof, wurde Prospero mit seiner Tochter Miranda auf einer Insel ausgesetzt, die er sich zu eigen machte. Zwölf Jahre lebten sie dort gemeinsam mit Caliban, ihrem Sklaven, einem Ureinwohner der Insel, und dem Luftgeist Ariel.
Eine günstige Gelegenheit verhilft Prospero nun zur Rache an seinem Bruder. Mithilfe Ariels gelingt es ihm, das vorbeiziehende Schiff mit seinen Feinden an Bord durch einen Sturm vom Kurs abzubringen und auf der Insel stranden zu lassen. Dort werden die Schiffbrüchigen Alonso, König von Neapel mit seinem Gefolge, sein Sohn Ferdinand und Antonio getrennt. Auf der fremden Insel irren sie nun umher, werden von Geistern und seltsamen Wesen verfolgt und glauben einander tot. Ferdinand aber verliebt sich, wie könnte es anders sein, in Miranda, gefolgt von einer feierlichen Verlobung … denn auch das ist Teil des Plans – der Inszenierung Prosperos und seines Luftgeists Ariel: „Lass sie ordentlich gehetzt werden. Jetzt ist die Stunde da, in der mir sämtliche meiner Feinde ausgeliefert sind. In Kürze sind all meine Mühen vollbracht, und du sollst die Luft der Freiheit atmen.“

William Shakespeares (1564–1616) visionäre Komödie Der Sturm ist sein letztes und poetischstes Werk und bietet Raum für unzählige Interpretationen und Deutungen. Mit seinem Alter Ego Prospero nimmt Shakespeare gleichsam Abschied von der Bühne. Der Sturm ist fantastisch-dystopisches Märchen, Politparabel, Rachedrama, romantische Liebesgeschichte, philosophisches Traktat, metaphysisches Metamorphosegedicht und Kolonialdrama zugleich. Es erzählt vom Spannungsverhältnis zwischen Natur und Zivilisation, von den Grundlagen gerechter Herrschaft, von Selbstdisziplin und Sublimation, Verzicht und Konkurrenz. Letztlich ist und bleibt dieses Shakespeare-Drama ein offener, widersprüchlicher Text, der keine eindeutige Zuschreibung zulässt, mehr noch, sich dieser vielleicht sogar bewusst entzieht.

Inszenierung
Bühne
Kostüme
Choreografie
Dramaturgie

„Der Applaus regt mich nicht mehr so auf“

André Jung, 69, wurde in Luxemburg geboren und lebt in München. Die Frage, in welcher Sprache er träumt, konnte er nicht zweifelsfrei beantworten.
André Jung steht seit sechzig Jahren auf der Bühne. Und spielt nun Prospero, mit dem Shakespeare sich sein Alter Ego geschaffen hat. Was lernt man auf der Bühne über die Welt? Ein Gespräch über Macht, Magie und Als-ob
Interview: Sarah-Maria Deckert, Chefredakteurin von Reihe 5
Herr Jung, schafft es das Theater noch nach all den Jahren, Sie voll und ganz einzunehmen? Lässt es Sie, auch als Zuschauer, vergessen, dass es da draußen noch eine andere Welt gibt? Oder ist es eine Berufskrankheit, den Apparat immer mitzudenken?
Ich kann das ganz gut. Das einzige, was mich wahnsinnig stört, ist, wenn die Leute wissen, dass ich drinsitze. Ich bin am liebsten im Theater, wenn niemand weiß, dass ich da bin.

Was macht für Sie die Magie des Theaters aus?
Das ist schwer zu sagen. Schauen Sie, seit fast 60 Jahren gehe ich ins Theater und mache mir keine Gedanken, wie ich das bezeichnen würde, diesen Zauber. Ich finde toll, wenn ich in die Geschichte gezogen werde, wie bei einem guten Buch. Auch das Live-Erlebnis, die direkte Umsetzung des Stoffs. Das, was mir Angst macht, wenn ich selber da oben stehe.

Was macht Ihnen da Angst?
Es regt mich auf, das Lampenfieber. Immer noch.

Ist das besser geworden über die Jahre?
Das variiert. Manchmal ist es besser, manchmal steigert es sich über Monate und dann geht es wieder weg. Ab einem gewissen Alter ist es auch so, dass man mit dem Text nicht mehr so locker umgeht wie in jungen Jahren. Man lernt schwerer. Ich brauche heute die dreifache Zeit. Dieses Überlegen, „Wie ist der Satz?“, das ist Gift. Aber man hat natürlich Erfahrung. Und es passiert ja auch nichts. Die Zeit vergeht, ob man hängt oder nicht hängt. Irgendwann kommt der Applaus. Und dann sitzt man in der Kantine mit einem Glas Wein.

An der Wiener Burg heißt es gerade: 60 Prozent Auslastung ist das neue Ausverkauft. Müssen die Menschen das Ins-Theater-Gehen nach der Pandemie erst wieder lernen?
Ich erlebe das nicht so hart. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich nicht fest im Ensemble bin. Am Anfang der Pandemie war das furchtbar. Da haben wir an den Kammerspielen Effinger gemacht. Das war so was von langweilig. Wir saßen an Tischen, weit auseinander, kamen nicht wirklich zum Spielen, haben immer so lange wie möglich gelesen und wussten alle, dass wir da nicht rauskommen. Dann lernt man auch den Text nicht. Schauspieler haben eine große Begabung zur Faulheit, ich gehöre auch dazu. Es braucht diesen Kick, zu wissen, oh, nur noch drei Wochen. Ein dreiviertel Jahr später sind wir dann doch rausgekommen und dann hat es Spaß gemacht. Man durfte sich wieder anfassen, wirklich zusammen spielen.

Shakespeares Sturm ist eine Hommage ans Theater. Ein Theater im Theater. Die Insel als fantastische Kulisse, Prospero als mächtiger Regisseur und Weltenbauer, Ariel und Caliban als Schauspieler, denen er Regieanweisungen gibt. Es ist diese Idee von der Welt als Bühne, von der Bühne als Welt. Was haben Sie auf der Bühne für die Welt gelernt?
Ehrlich gesagt, darüber habe ich mir noch nicht so viele Gedanken gemacht. Wie man auf Rollen und auf Beziehungen schaut, das nimmt man mit ins tägliche Leben. Auf der Bühne passieren Tragödien und es geschehen Wunder, Schönes und Schreckliches, das ist kein Geheimnis. Und dann sagt man: Das ist wie im Leben. Und das ist es auch. Die Herausforderung ist, sich zu fragen: Nimmt man das jetzt so oder tut man nur so?

Ertappen Sie sich manchmal beim Nur-so-tun?
Im Leben? Nein. Im Gegenteil. Ich habe keine Lust im Leben zu spielen. Es fällt mir schwer, so zu tun, als würde ich mich freuen. Ich meide auch Feste inzwischen.

Warum?
Das regt mich nicht mehr auf. Die Zeit ist vorbei. Der Erfolg im Sinne von Applaus regt mich auch nicht mehr so auf.

Im berühmten Epilog bittet Prospero das Publikum, ihn durch Applaus zu erlösen. Da heißt es: „Wenn nicht des Beifalls Wind meine Segel bläht / war all mein Streben vergebens / euch zu gefallen.“ Ist Ihnen der Beifall, diese Anerkennung nicht mehr wichtig?
Schon wichtig. Ich freue mich wahnsinnig, wenn etwas, was ich selber gut finde, ankommt. Aber es ist jetzt nicht mehr dieses: Boah, wie kam das jetzt an?! Ich schätze die eigene Arbeit auch realistischer ein. Natürlich will ich gefallen, aber ich sehe auch, was nicht gut ist, und schaue, was ist zu verbessern. Es gibt immer schlechte Aufführungen, das ist mir sehr bewusst. Und auch schlechte Regisseure.

Wenn Sie nicht mehr auf Feste gehen, was machen Sie dann?
Ich gehe später. (Lacht) Was ich meine: In dieser Gesellschaft, in unserem Club, da will man gesehen werden, Komplimente kriegen. Und dazu habe ich mittlerweile eine gesunde Distanz. Ich koche gerne und trinke guten Wein. Aber das kann man auch nicht dauernd machen.

Shakespeare hat sich mit Prospero sein Alter Ego geschaffen. Was können Sie mit der Figur anfangen?
Ich weiß nicht, ob er sympathisch ist oder doch ein Kotzbrocken, ob er Machtbesessen ist oder ob man so wird, wenn man Herzog von Mailand war. Das interessiert mich, das rattert, das macht mich skeptisch. Vor allem auch Miranda, seine Tochter. Die ist schon so lange auf der Insel und weiß eigentlich nichts. Ist sie naiv oder zu blöd? Oder ist Prospero übergriffig, weil er sie so lässt und dann über sie nach der Macht greift? Oder wie steht man zu Ariel? Prospero liebt ihn, weil er ein toller Schauspieler ist. In Ariel sieht er das, was er nicht kann. Darum ist Prospero ja auch Regisseur. Aber keine Ahnung, wie Kosminski (Regisseur, Anm. d. Red.) das aufführen will. Ich hoffe richtig.

Gibt es richtig?
Ja natürlich. Es gibt auch falsch.

Können Sie versuchen, das Falsche zu erklären?
Ich habe gestern Abend einen Film gesehen, Prosperos Bücher von Peter Greenaway. Das ist ein Scheißdreck. Das war so furchtbar, ein Kunstgewerbe sondergleichen, eitel, und der hat Auszeichnungen bekommen noch und nöcher. Diese Pannen muss man vermeiden. Es ist auch zu Shakespeares Zeiten anders gespielt worden. Man muss seinen eigenen Prospero finden. Das Interessante an ihm ist: Er glaubt an den Zauber. Er hat ihn nicht, aber er hat das Wissen darüber. Und Caliban ist im Gegensatz zu Ariel nicht bereit, sich belehren zu lassen. Diesen Geschichten will ich nachgehen: Wie beleidigt mich das, wenn ich jemandem etwas beibringen will, und der will einfach nicht. Das macht mich doch sauer auf den! Das ist die Ohnmacht des Regisseurs. Im Stück gibt es sehr viel Antiquiertes. Das ist nicht schlecht, aber es ist aus der Zeit. Und man muss gucken: Wie ist es in meiner Zeit? Alles, was weggeht vom heutigen Empfinden, ist nicht gut. Mit diesem theatralen Getue kann ich wenig anfangen.

Können Sie mit dem Begriff Macht etwas anfangen?
„Was macht Macht?“, „Wie macht man es richtig?“, „Macht nichts.“ – Ja klar, mit dem Begriff kann ich sehr viel anfangen, mit dem Machen, mit Machtsystemen. In der Politik und im Theater. Es gibt beide Welten. Und beide sind gleich korrupt. Ich bin lange genug am Theater, um das zu wissen. Es ist eines der letzten heißen Machtzentren. Macht ist überall, es geht immer nur darum. Man braucht nur zwei Menschen zusammenzusetzen und sie über einen gewissen Zeitraum zu beobachten. Dagegen setzt man dann die Liebe. Aber auch da geht es am Ende um Macht. Das Schöne am Theater wie auch am Film ist die Idee, dass man Sachen anders beleuchten kann. Man kann anders darauf schauen.

Wie schauen Sie darauf, dass Prospero seine Macht abgibt? Er zerbricht am Ende seinen Zauberstab, vergräbt ihn und ertränkt seine Bücher. Ist das ein Akt innerer Größe? Läuterung?
Gandhi hat Macht abgegeben, Jesus auch, als er für die Menschen gestorben ist. Ich bin kein gläubiger Mensch, aber in der Bibel gibt es sehr viel, was ich unterschreiben würde. Es gibt genug Beispiele dafür, dass das Streben der Menschen dahin geht, Macht nicht zu missbrauchen. Macht hat man immer und das ist nicht per se was Schlechtes. Wenn man Kinder hat, macht man alles für sie. Man muss ihnen aber auch zeigen, wie es geht.

Haben Sie sich auch mal ohnmächtig gefühlt?
Ja, klar. Oft. Immer noch. Aber es stört mich nicht groß. Sich in bestimmten Situationen ohnmächtig fühlen, ist einfach scheiße. Sich generell ohnmächtig fühlen, ist eine Tatsache. Wir sind ohnmächtig.

Und dann geht es nur noch darum, das auszuhalten?
Nein, das wäre ja Leiden. Wir müssen vorangehen. Die wirkliche Ohnmacht käme, wenn wir wüssten, wir sind unsterblich. Das wäre furchtbar.

Und doch gibt es so viele, die danach streben.
Vielleicht eher danach, in Erinnerung zu bleiben.

Wie möchten Sie in Erinnerung bleiben?
Daran arbeite ich nicht. Aber doch: im Guten. Man kommt rüber mit dem, was man tut. Und das ist nicht interpretierbar. Man ist ein Teil des Ganzen. Und für diesen Dialog ist Theater die richtigste Kunst.

Wer hat im Theater eigentlich die Macht? Wer ist da der wahre Magier, der alles verwandelt und irgendwann zurückverwandelt? Der Schauspieler, der Regisseur oder am Ende doch das Publikum?
Ich tendiere dazu, zu sagen, der Schauspieler oder die Schauspielerin. Die besitzen eine subversive Form von Macht. Weil man reagieren, Dinge zurechtbiegen kann, während man noch in der Arbeit ist.

Worauf achten Sie, wenn Sie spielen, damit der Zauber wirkt?
Konzentration auf den Stoff. Wie ein Skiläufer, der jeden Schwung kontrolliert. So geht man vor jeder Aufführung die Situationen nochmal durch, Punkte, die man nicht verpassen darf, um sie abzuspeichern. Dann kann man richtig loslegen und muss nicht während dem Spielen daran denken. Davor eine Banane, die gibt Kraft für den Moment. Und Wasser schütte ich rein, auch wenn ich keinen Durst habe, damit der Tank gefüllt ist.

Sie sprachen es vorhin an: Im Stück versucht Prospero dem aufbegehrenden Caliban zu lehren, was in jeder Schauspielausbildung ganz oben steht: das Sprechen. Caliban ist das egal. Wie wichtig ist Ihnen Ihre Sprache?
Die ist mir nicht wichtig. Aus dem einfachen Grund: Weil ich das mit anderen Sachen verbinde. Sprache hat etwas mit Stimme zu tun, und die mit Stimmung. Wenn die Situation stimmt, dann sitzt auch die Stimme. Wenn der Gedanke stimmt, dann stimmt die Sprache. Im besten Falle stellt man nichts her. Einen Satz richtig zu sprechen, ist der pure Gedanke, so wie: „Mir reicht’s!“ Wenn man das wirklich meint, stimmt es.

Gibt es Regie-Lektionen, die Sie nie kapiert haben?
Einige. Im guten Sinne. Oft habe ich sie nicht angenommen, weil ich es nicht genug verstanden habe. Werner Düggelin (prägender Regisseur Jungs früher Jahre, Anm. d. Red.) bin ich manchmal ausgewichen, weil es mir zu kompliziert wurde. Daran halte ich mich heute noch.

An was halten Sie sich?
Alles Überflüssige weg. Übergangslos die Sachen spielen und nicht verbrämen. Man kann verbrämen, dann ist es aber anders gemeint. In Komödien zum Beispiel. Man soll nicht drei Runden drehen müssen, bevor man weinen kann. Dann soll man lieber nicht weinen. Man soll immer nur das spielen, was man kann. Das hat mir zumindest Werner Düggelin versucht, beizubringen.

Was wollten Sie Ihren Kindern unbedingt beibringen?
Optimismus. Und Freue. Ich bin optimistisch im Großen und Ganzen.

Eine Tugend heutzutage.
Ja. Man muss gucken, was realistisch und was möglich ist. Und was besser ist. Besser ist es, froh zu sein, als deprimiert. Es gibt genug, über das man sich freuen kann.

Ihr Schauspiel ist subtil, leise, zart. Eher Understatement als Überstatement. Damit unterlaufen Sie vielleicht sogar die Erwartungen an einen großsprecherischen Prospero. Ist jetzt, mit knapp 70, ein guter Zeitpunkt, ihn zu spielen? Oder wäre das früher auch schon gegangen?
Nein, ich glaube nicht. Für die meisten Rollen muss man das richtige Alter haben. Auch umgekehrt. Ich glaube nicht, dass ich heute Romeo spielen könnte. Da würde ich mich schämen. Ich könnte das nicht mehr nachvollziehen. Und dann kann man es nur noch verarschen. Ich könnte ihn andersherum so beobachten, wie ich ein Tier beobachte, und das dann als Studie wiedergeben. Aber das würde mir keinen Spaß machen. Das soll jemand spielen, der in dem Saft ist, der die Verirrungen noch kennt.

Gab es Rollen, bei denen Sie fehlbesetzt waren?
Ja, der Lear. Ich habe das auch gefühlt und zum Ausdruck gebracht. Das war zu früh. Das ist auch keine Katastrophe, aber die Rolle möchte ich nie mehr spielen, damit möchte ich nichts mehr zu tun haben.

Und wann ist das eigene Spiel magisch?
Wenn man es schafft, sich in einen Zustand zu versetzen, in dem man Sachen hinkriegt, die man sonst nicht hinkriegen würde. Wie was Drogen mit einem machen, aber ohne fremde Zuwirkung. Man löst aus seinem Körper Kräfte, von denen man nicht weiß, dass sie in einem drin stecken. Das Spiel über die Imagination, das Reingehen, auch im Zusammenspiel mit anderen Menschen.

Das hat dann sicher viel mit Sympathien und Antipathien zu tun.
So ist es. Bei Antipathie gelingt es einem selten, die zu überspielen. Bei meiner letzten Arbeit, Thorsten Lensings Verrückt nach Trost, habe ich mit einer Truppe gespielt, in der sich alle gerne mögen, da spielt man bis die Schwarte kracht. Man geht auch manchmal drüber, das macht dann enormen Spaß. Weil man im Bewusstsein hat, dass das etwas ganz Besonderes ist. Einfach spielen und sich dabei gut zu fühlen, das macht ja niemand mehr. Kinder tun das. Und Affen. Bei Erwachsenen kostet das Überwindung. Und es braucht Vertrauen.

Haben Sie noch Angst davor, sich lächerlich zu machen?
Nein, keine Angst. Im Grunde ist ja auch niemand lächerlich.

An einer Stelle im Stück, nachdem Prospero Miranda und Ferdinand seinen Zauber vorgeführt hat, ist die Show sprichwörtlich aus. Da heißt es sehr bekannt: „Wir sind aus demselben Stoff, aus dem auch Träume gemacht werden. Und unser kleines Leben ist vom Schlaf umzingelt.“ Alle Wolkenkratzer, Prunkpaläste und ehrwürdigen Tempel lösen sich auf, selbst der ganze Globus, wie die Geister aus Prosperos Vorstellung. Was bleibt von uns am Ende?
Da will ich nicht groß poetisch sein: Ruhe. (Überlegt lange) Es gibt da einen Satz von Beckett aus Warten auf Godot: „Sie gebären rittlings über dem Grabe, der Tag erglänzt einen Augenblick und dann von neuem die Nacht.“ Das ist seine Lebensbeschreibung. Ein unheimlich poetischer Satz, zu dem will ich gar nicht mehr sagen.

Also lieber doch poetisch zum Ende?
Ja, doch.