Die Erziehung des Rudolf Steiner

von Dead Centre
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
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Schauspielhaus
Ab Klasse 9
Dauer – ca. 1:30 Std., keine Pause
Uraufführung
Sa – 12. Okt 24
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
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Ein Kind betritt eine Bühne und beginnt zu sprechen. Sind wir bei einer Vorstellung im Theater oder beim Klassenspiel im Rahmen einer Monatsfeier in der Schule? Das Kind scheint nicht besonders alt. Es spricht von sich und seiner Entwicklung. Wir hören von spirituellen Erfahrungen aus einer längst vergangenen Zeit. Die Worte wirken sehr gewählt, beinahe vorbestimmt, als spräche jemand anderes durch das Kind – nur wer? Vielleicht wurde es so erzogen? Ist es doch nur ein Stücktext? Oder hören wir hier eigentlich die Visionen eines Reformpädagogen?
1919 gründete Rudolf Steiner auf der Stuttgarter Uhlandshöhe gemeinsam mit dem Unternehmer Emil Molt die weltweit erste Waldorfschule. Seither hat sich die Waldorfpädagogik zum internationalen Erfolgsmodell entwickelt. Dabei ist die in der anthroposophischen Philosophie Steiners begründete Pädagogik nicht unumstritten und gerade wegen ihrer esoterisch anmutenden Ursprünge wiederholt Gegenstand von Kritik. Doch auch darüber hinaus schlägt sich das Wirken Steiners bis heute in vielen Lebensbereichen nieder: beispielsweise in biologischen Landwirtschaftsstrategien, den Firmenphilosophien von Kosmetikunternehmen oder anthroposophischer und homöopathischer Medizin. Woher stammen die Strahlkraft und Ambivalenz dieser Figur, die von den einen als Prophet vergöttert und von anderen als Urheber realitätsferner Glaubenstheorien verurteilt wird?

Gefördert durch Zeitgeist Irland 24, eine Initiative von Culture Ireland sowie der irischen Botschaft in Deutschland.

Inszenierung
Kostüme
Übersetzung
Katalin Oliveras, Victor Schlothauer

Besetzung

Flinn Naunheim, Levin Raser, Samuel Santangelo
Kinderstatisterie
*Gäste*Guests

Pressestimmen

tageszeitung
Björn Hayer, 14. Okt 24
… In der Uraufführung Die Erziehung des Rudolf Steiner am Schauspiel Stuttgart setzt man … experimentierfreudig auf die schillernden Grundideen des Reformers. …

… Um [zur] tiefen Fülle des Daseins zu gelangen, bedarf es eines neuen, die Oberfläche durchdringenden Sehens. Das Regiekollektiv Dead Centre hat dafür ein faszinierendes Bühnenkonzept entwickelt. … Mittels einer speziellen Tricktechnik wird dabei die kindliche Erzählfigur auf der vorderen Bühne gleichzeitig auf das Hintergrund-geschehen projiziert. Aus dieser permanenten Doppelung entsteht eine Geisteratmosphäre, geschaffen und dirigiert von einem Kind …

… Doch damit nicht genug! Denn diese Inszenierung lässt sich ebenso als eine Großmetapher auf das Theater selbst verstehen. … Wie in einem Probeprozess manifestiert sich so allmählich ein innerer Kosmos auf der Bühne, magisch und hellsichtig.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung
Rüdiger Soldt, 15. Okt 24
Ein Achtjähriger tritt auf (Flinn Naunheim, ein großes schauspiele-risches Talent) – Waldorfschüler, Goethe-Rezitator und Sprachrohr des großen Meisters aus dem niederösterreichischen Waldviertel …

Nie dozierend und mit dem Einsatz tatsächlicher und textlicher Spiegelungen kontrastiert das Stück die schwärmerische Weltdeutung Steiners mit dem profanen Alltag. …

Das Kind auf der Bühne macht die Seltsamkeit von Steiners Vorstellungen … mehr als anschaulich. Und doch zeigt das Theater als Hort der Phantasie und des Widerstands naturgemäß viel Sympathie für die Lehren der Anthroposophen. Irgendwie geht das in Ordnung.

… Einen naiven und zugleich pragmatischen Satz spricht der von der Dreigliedrigkeitslehre beseelte Öko-Freak: Man müsse Eklektizismus betreiben und aus Steiners Werk das herausnehmen, was in die Welt passe. Wie das funktioniert, führen die Regisseure Ben Kidd und Bush Moukarzel bei dieser deutschen Uraufführung im Stuttgarter Schauspiel kongenial vor.
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Heilbronner Stimme
Claudia Ihlefeld, 15. Okt 24
Eine Art Theaterexperiment und Vexierspiel, das Steiners Lehre an der realen Gegenwart bricht, seine Biografie mit einer heutigen Familiengeschichte kurzschließt – und das ästhetisch und technisch genial löst mit einerseits materiellen Spiegelungen auf der Bühne. Und mit spirituellen, ganz im Geiste Rudolf Steiners. Die Uraufführung … wird vom Publikum begeistert aufgenommen …

Was mysteriös anmutet, gerät zu einem so kurzweiligen wie subtilen und intelligenten Theaterabend, der nicht vorgibt, alles über Rudolf Steiner zu wissen. …

Das fantastische Ensemble macht die Ambivalenzen greifbar, nicht nur von der Person Steiner, auch von dem, was als Mainstream erst kritisches Denken provoziert.
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Nachtkritik.de
Steffen Becker, 13. Okt 24
Der Einstieg … passt … wie die Faust aufs Auge. Ein Junge – [in der Premiere] Flinn – betritt die Bühne. Aber er ist kein eigenes Ich, berichtet nicht selbst als Waldorf-Schüler von seiner Erziehung. Er zündet sich eine Zigarette an, ist eine Inkarnation, sagt "Mein Name ist Rudolf Steiner. Es ist mir eine Ehre, dass so viele von euch heute Abend gekommen sind, um mich sprechen zu hören". Das aber macht er (Flinn) sehr souverän.
Was folgt ist ein Parforce-Ritt durch, aber keine Vorlesung über Anthroposophie. Dead Centre übersetzen vielmehr die Vorstellung Steiners einer – für die meisten Menschen unsichtbaren, aber ihr Schicksal beeinflussenden – Geisteswelt spiegelverkehrt auf die Bühne. …

Das ist an der Oberfläche flott und witzig inszeniert: Da trifft der Akademiker-Vater auf den Esoteriker-Freund der Tante. Philipp Hauß gibt den Doktor, der sarkastisch-aggressiv auf alle Elemente der Waldorf-Welt reagiert, um zu überspielen, dass er die eigene Lebens-Unzufriedenheit nicht rational zu fassen kriegt. Felix Strobel spielt seinen Antipoden als Alternativ-Hallodri, der Anthroposophie als Teaser benutzt, um die Mutter ins Bett zu kriegen. Die ist auf Sinnsuche, für die doch eigentlich das Kind die Lösung hätte sein sollen (großartig in ihrer Verunsichertheit: Therese Dörr). Mina Pecik wiederum lässt die von der Vergangenheit verletzte Tante quasi erstarren.
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Stuttgarter Zeitung
Kathrin Horster, 14
Erstaunlich, wie souverän Flinn Naunheim … das komplizierte Bühnenvexierspiel meistert, wobei er die meiste Zeit seine erwachsenen Bühnenkollegen anspielen muss, obwohl er sie nicht sehen kann, weil sie durch den Spiegel von ihm getrennt, in seinem Rücken agieren. Als Rudolf Steiner wirkt Flinn lustig altklug. …

In der vor allem ästhetisch reizvollen und anspielungsreichen Inszenierung von Dead Centre sind … kritische Perspektiven auf Steiners Erziehungsmodell zwar enthalten, das Publikum muss sie aber sehen und entschlüsseln wollen. … Die rassistischen Elemente und die Gefahren der Weltabgewandtheit von Steiners Esoterik werden in der Inszenierung nur en passant kritisch gewürdigt. So bleibt die Anthroposophie auch hier ein seltsames, verführerisch schillerndes Konstrukt.
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Theater der Zeit online
Elisabeth Maier, 28. Okt 24
… Dass mit Levin Raser ein Kind in der Hauptrolle zu sehen ist, verblüfft das Publikum. Diese Setzung ist stark. … Levin Rasers schauspielerisches Talent überzeugt. …

… Dead Centre rollen die spannende Geschichte Steiners auf. Zugleich erkunden sie mit dem Publikum Grenzen der Theaterkunst. Jeremy Herbert hat ein Bühnenbild geschaffen, auf dem sich das Publikum spiegelt. … Technisch ist das grandios umgesetzt. Kevin Gleesons assoziative Musik öffnet Traumbrücken in die vielen schwer nachvollziehbare Welt der Anthroposophie, die Kreativität schon im Kindesalter wecken soll.

Mit leichtem britischem Humor zeigen Dead Centre die komischen Seiten der Waldorf-Pädagogik. Gerade in Stuttgart, wo diese Bewegung begann und nach wie vor fest verwurzelt ist, erfordert das nicht nur Mut, sondern auch Fingerspitzengefühl. Mit leichter Komödienkunst nimmt das Kollektiv dem Stoff die Schwere. … …
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Südwest Presse
Otto Paul Burkhardt, 16. Okt 24
Das britisch-irische Theaterduo Dead Centre, gefragt in Wien und Berlin, wagt … eine ungewöhnliche Annäherung … Eine Verfremdung, durchaus mit Witz. …

Das Dead-Centre-Gespann aus Ben Kidd und Bush Moukarzel, das sich auch schon mit Wittgenstein und Freud auseinandergesetzt hat, umkreist das Phänomen Steiner in nur 90 Minuten auf kompakte und eigenwillige Weise. Es mixt Biografie und heutige Waldorf-Praxis, optische Zaubertricks und Boulevard-Dialoge durcheinander – zu einem Stück, das trotz aller Distanz etwas von der Faszination des Sujets erahnen lässt. …

… Auch die autoritären, antisemitischen und rassistischen Problemzonen des Steinerschen Denkens werden gestreift, wenn auch behutsam.
Nein, eine markante Abrechnung ist das Ganze nicht, eher eine multiperspektivische Betrachtung.
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Ludwigsburger Kreiszeitung
Dietholf Zerweck, 17. Okt 24
Ein nicht gerade alltäglicher Ansatz für ein Theaterstück: doch wie Ben Kidd und Bush Moukarzel … den Stoff auf die Bühne bringen, ist originell und theatralisch wirksam, ohne freilich tiefer in die fragwürdige Vorstellungswelt des umstrittenen Anthroposophie-Lehrers einzudringen. Dead Centre nähern sich eher wohlwollend ohne didaktischen Zeigefinger ihrem Gegenstand.

… Während der im Stück achtjährige Flinn, großartig gespielt und mit einem Monitorhörer im Ohr, der ihm den umfangreichen Text vorgibt, auf der Vorderbühne seine Doppelrolle mit liebenswürdiger Natürlichkeit darstellt und dabei Goethe-Verse und Steiner-Gedanken zitiert, werden Vater und Mutter, Tante und Waldorfinfizierter Partner hinter dem Spiegel zu Mitspielern. Das ist bühnen- und beleuchtungstechnisch virtuos arrangiert …

Vier Glieder formen das menschliche Wesen: der physische Leib, der Ätherleib, der Astralleib und ein „Ich-Leib als Träger der höheren Menschenseele“. Auch solche Weisheiten kommen im Stück zur Sprache, werden aber in zuweilen an Yasmina Rezas witzige Gesellschaftssatiren erinnernden Dialogen verflüssigt. …
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Kultura extra
Thomas Rothschild, 13. Okt 24
[Rudolf Steiner] ist auch ein Stück Stuttgarter Lokalgeschichte. Hier gründete er 1919 die erste Waldorfschule. Seine Gedanken zur Anthroposophie und zur Reformpädagogik sind in der baden-württembergischen Hauptstadt nach wie vor virulent. Deren Anhänger bilden bis heute ein Netzwerk, haben in Politik und Wirtschaft Einfluss wie die Mitglieder von Burschenschaften oder die Rotarier. …

Der Titel des Stücks ist zweideutig. Die Erziehung des Rudolf Steiner kann davon handeln, wie Steiner erzogen wurde, oder von seiner Theorie, wie zu erziehen sei … Das Leben und die Lehren Rudolf Steiners interessieren Dead Centre aber kaum, jedenfalls nicht im Sinne eines Dokumentardramas, das den verbürgten Tatsachen verpflichtet ist. Es benützt Partikel der Wirklichkeit vielmehr für eine poetische Fiktion, in der Exkurse zum Theater eine nicht weniger bedeutsame Rolle spielen als eben Rudolf Steiner. Steiner tritt denn als die Figur, die wir kennen, auch gar nicht auf, sondern spricht durch ein Kind, das zugleich ein Greis ist …

... Die Dialogpartner des Kindes … erscheinen wie Gespenster hinter einer Spiegelwand, um, technisch perfekt, mit den Spiegelbildern zu verschmelzen.
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