Bernarda Albas Haus

von Federico García Lorca
Deutsch von Hans Magnus Enzensberger
Schauspielhaus
Dauer - ca. 1:40 Std, ohne Pause
Derzeit nicht im Spielplan
In Bernarda Albas Haus, seinem letzten Theaterstück, beschreibt der spanische Dichter und Dramatiker Federico García Lorca eine Welt, in der sich Autorität und Freiheit, Zivilisation und Natur, Moral und sexuelles Begehren unversöhnlich gegenüberstehen. Eine Welt voller Repressionen, in der das Leben verkümmert, weil Anpassung in Selbstaufgabe und Ausbruchsversuche in Selbstzerstörung enden.
Nach dem Tod ihres Mannes verschließt Bernarda Alba ihr Haus und verordnet ihren fünf Töchtern eine achtjährige Trauerzeit. Während das Leben draußen vorbeizieht, arbeiten die jungen Frauen an ihrer Aussteuer und verzehren sich nach den abwesenden Männern. Als sich Adela in den Verlobten ihrer ältesten Schwester verliebt und aus dem häuslichen Gefängnis ausbricht, kommt es zur Katastrophe. Durch blindes Festhalten an Traditionen errichtet Bernarda eine Festung, in der sich Lebensfreude in Missgunst und Verlangen in Verlogenheit kehrt. Das Leben ihrer Töchter zerbricht, weil die äußere Fassade wichtiger ist als ein selbstbestimmtes Leben.
Federico García Lorca (1898–1936) schuf ein außergewöhnliches Werk voll von Lust, Hass und Tod. „Der Poet“, wie sich Lorca gerne selber nannte, verteidigt die individuelle Freiheit gegenüber starren, überkommenden Autoritäten und konfrontiert uns mit dem Terror der Unterdrückung, mit dem Schmerz der Angst, dem archaischen Bildungsmangel, mit der irrationalen und rationalen Gewalt, die das Leben vieler Menschen zerstört hat und immer noch zerstört.

Stuttgarter Premiere: Sa – 16. Mär 19

Audio-Einführung mit Josephine Köhler

Pressestimmen

Stuttgarter Zeitung
Roland Müller, 17. Mär 19
"In starken, klaren, wuchtigen Bildern entfaltet Bieito fortan die Tragödie der Frauen, denen ihre gestauten Leidenschaften mehr zusetzen als die gestaute Hitze. … Nicole Heesters ..., die ihre Figur mit der monströsen Boshaftigkeit einer KZ-Wärterin zeichnet[, ist Bernarda] – eine eisige Lebensvernichterin, die sich freilich an den ihr hinterbrachten Hurereien im Dorf aufgeilt und sich wollüstig über die weit gespreizten Schenkel streicht."

"All diese Details bindet Bieito klug in seine Lorca-Komposition ein. Denn das ist die Inszenierung: eine mit Rhythmen und Symmetrien, mit Schwarz und Weiß, mit Vertikalen und Horizontalen virtuos spielende Bühnenkomposition, deren Formstrenge überzeugt. Der Terror, der in Bernardas Haus wütet, braucht keinen Wutregisseur. Er geht auch so unter die Haut."

Zur vollständigen Kritik
Südwestpresse
Otto Paul Burkhardt, 18. Mär 19
"Es sind karge, beklemmende Bilder, mit denen Regisseur Calixto Bieito diese Schreckensfamilie… skizziert. … Bieito, lange als bad guy unterschätzt, bietet hier kluges, texttreues Schauspielertheater. Großartig Nicole Heesters. Sie spielt ihre Bernarda als souveränen Balanceakt – eine Tyrannin, die ihre Töchter schikaniert, aber auch eine sinnliche Grande Dame, die lustvoll raucht und Whisky schlürft. Elke Twiesselmann sorgt als verwirrte Großmutter für beklemmende Momente, und Anke Schuberts Magd analysiert das Zwangssystem hilflos in starken Monologen."

"Fazit: Eine schillernde Inszenierung, eruptiv und präzise, distanziert und berührend, eiskalt und fiebrig brodelnd."

Zur vollständigen Kritik
Eßlinger Zeitung
Verena Großkreutz, 18. Mär 19
"Heesters spielt das ungeheuer prägnant, mit beißend scharf und kalt artikulierender Stimme. Wenn sie sich mit hochgezogenem Rock auf dem Stuhl fläzt und im Takt ihrer Worte ihre Hand auf ihren Oberschenkel klatscht, wirkt das anzüglich und verweist auf die eigenen unterdrückten Triebe."

"Welche Aggressionen, welches Gewaltpotential in dieser klaustrophobischen Atmosphäre schlummern, was die erzwungene Enthaltsamkeit und Einsamkeit mit den Töchtern macht, zeigen zwei spannende Stunden und gutes altes Schauspielerinnentheater. … Alles vermittelt sich über die Körpersprache und die präzise Charakterisierung. Die Bühne wird dabei zur Arena, in der sich diese "Tragödie von den Frauen in den Dörfern Spaniens" bis zur Unerträglichkeit verdichtet."

"Elke Twiesselmann, trotz hohem Alter wieder Mitglied des Stuttgarter Ensembles, ist ein Geschenk für solche Rollen: zerbrechlich, halb nackt, strahlt ihre Maria Josefa doch Kraft aus, scheint den Dingen enthoben. Reimt wirre Reime, spricht Wahres aus. … Eine Närrin á la Shakespeare, sehr berührend."

SWR2
Karin Gramling, 18. Mär 19
"Hochmütig, unnachgiebig, eiskalt – so spielt Nicole Heesters die Rolle der Bernarda Alba. Absolut sehenswert, wie energiegeladen die immerhin schon 82jährige Schauspielerin auf der Bühne agiert. Überhaupt ist die insgesamt herausragende schauspielerische Leistung dieses reinen Frauenensembles bemerkenswert. Wie sie sich gegenseitig in ihrer Gefangenschaft beäugen, sich alles neiden und misstrauisch aufeinander schauen. … Bis sie sich dann die Haare raufen, sich auf der Bühne wälzen und am liebsten vor Wollust vergehen würden. Das ist grandios gespielt."

"Mit seiner kraftvollen Inszenierung zeigt [Regisseur Calixto Bieito], wie die Frauen sich unterordnen müssen, vor allem wenn autoritäre Strukturen und eine von der Religion geprägte rigide Moral herrscht."

"Was für ein starker Theaterabend, der mit seinen herausragenden Darstellerinnen diese Tragödie so lebendig und beeindruckend aufleben lässt."

Zur vollständigen Kritik
Frankfurter Rundschau
Judith von Sternburg, 19. Mär 19
"Nicole Heesters ist eine Frau von heute, so trägt sie auch ihr silbernes Haar und ihre schwarze Witwenkleidung, so bewegt sie sich auch. Mit 82 Jahren ist sie keine Greisin, stattdessen eine schlanke, bei aller Straffheit lässige Matrone – zugleich natürlich die entsetzliche Parodie einer Matrone, indem sie das Grab ihrer Familie schaufelt. … Selten solche Angst gehabt vor dieser Figur und ihrer über die Menschen hinwegwalzenden Dummheit, Bauernschläue, Beschränktheit. Die Macht der Beschränktheit kennt keine Abgründe, darum ist sie oft im Vorteil. Aber an der Oberfläche schillert es. Nicole Heesters, die herrlich ad hoc in den Klatsch-und-Tratsch-Modus wechseln kann, dann funkelnd und arglos vor Neugier und Spießigkeit, zeigt die böse Frau von nebenan."

"Die Jugend, von der sie nichts haben, spielen Josephine Köhler, Anne-Marie Lux, Jelena Kunz, Paula Skorupa und Nina Siewert mit Zartheit und Verzagtheit und der gelegentlich überdeutlichen Zeichnung Bieitos wie zum Trotz."

Schwäbische Zeitung
Barbara Miller, 18. Mär 19
"Calixto Bieito hat die "Frauentragödie in spanischen Dörfern" nun in Stuttgart inszeniert – mit fabelhaften Darstellerinnen, allen voran Nicole Heesters und Anke Schubert. Ein hoch konzentrierter, spannender Theaterabend."

"Calixto Bieito … ist es gelungen, dieses dunkle Drama im wahrsten Sinne zu durchleuchten. Keine Folklore, kein Andalusien-Kitsch, sondern hellste Klarheit. Die Regie setzt eindrucksvolle Zeichen .... Bieito versucht erst gar nicht, die Geschichte irgendwie in ein Jetzt zu katapultieren. Er vertraut diesem prägnanten Text (in einer Übersetzung von Hans Magnus Enzensberger). Und er vertraut den hervorragenden Schauspielerinnen, die drei Generationen auf der Bühne vereinen."


Südkurier
Johannes Bruggaier, 19. Mär 19
"Es ist großartiges Schauspielertheater, das diesem Stoff einen packenden Psychothriller abgewinnt. Vor allem Josephine Köhler, Nina Siewert und Paula Skorupa beeindrucken als fatales Trio, das im Kampf um den einen potenziell verfügbaren Mann den von der Mutter auferlegten Ehrbegriff immer wieder raffiniert umzudeuten versteht. Über alle Maßen beeindruckend aber ist Nicole Heesters. Die 82 Jahre alte Schauspielerin zeigt eine von schwarzer Energie getriebene Despotin, die in ihrer unerbittlichen Konsequenz nicht nur den Töchtern Angst macht, sondern sogar das Publikum vergessen lässt, dass hier nur eine fiktive Figur auf der Bühne steht – wie immer wieder empörte Ausrufe verraten. Allein diese große Schauspielerin erleben zu können, ist ein Theaterbesuch wert."

Die deutsche Bühne
Manfred Jahnke, 17. Mär 19
"Entstanden ist ein grandioser Theaterabend, der durch einen genauen Rhythmus und im Zentrum mit den Schauspielerinnen besticht. Heesters und Schubert sind ein eingespieltes Paar. In ihrem Schlagabtausch voller Humor wird Schubert im Verlaufe des Abends die Widerständige, die das Unglück kommen sieht. Heesters hingegen pflegt mit Lächeln und Peitsche die Wahnvorstellung einer heilen Welt, immer überlegen und so engstirnig wie erschreckend klarsichtig. Dabei blitzt auch bei ihr die Sehnsucht auf, Sexualität ausleben zu wollen.
Von den Töchtern ragen Paula Skorupa als Martirio und Nina Siewert als Adela heraus … die sich nichts schenken. Während Siewert ihre Rolle emotional-impulsiv anlegt, spielt Skorupa die Überlegene, die ihre Stiche gezielt setzt. … Und Elke Twieselmann, die eingesperrte Mutter Bernardas, spielt den Wechsel von "irren" und "lichten" Momenten groß und anrührend heraus. Toll!"

Zur vollständigen Kritik
Ludwigsburger Kreiszeitung
Arnim Bauer, 18. Mär 19
"In seiner ganzen Substanz ist dieses seltene reine Frauenstück eine Anklagen gegen Sitten, Gebräuche, Zwänge und Riten, gegen Macht und Gewalt, das Bieito aus der miefigen Provinzecke, in der es angelegt ist, herausholt und es endgültig aktuell macht. … Die Mittel sind vor allem ein sparsames, zunächst sehr weißes Bühnenbild mit eindrucksvollen, punktgenauen Bildern …. Hauptsächlich aber wird die Aufführung getragen von den großartigen Darstellerinnen. … Nicole Heesters hat mit ihrer messerscharfen Profilierung der Bernarda sicher hohen Anteil am Gelingen. Die fünf Töchter zeigen Charaktere, die grundverschieden sind. Sie zeigen sie mit Vehemenz und der ganze Ambivalent zwischen Gehorsam, Ausbruchsversuch, Sehnsüchten und Fantasien. … All diese Faktoren sind fein ineinander eingepasst. Und deshalb wird … aus der Inszenierung eine runde Sache, die Beifall auf breiter Ebene bekam und tatsächlich so etwas wie Theater für alle sein kann."
Faust Kultur
Thomas Rothschild, 24. Mär 19
"Ein hervorragendes Stück …, zudem eins der ganz wenigen, in dem ausschließlich Frauen auftreten, eine erstklassige Besetzung, eine subtile Regie: was braucht es eigentlich mehr? … Der spanische Regisseur hat es fast wie ein Tanztheater einstudiert, das immer wieder zu faszinierenden Bildern erstarrt. … Die großartige, inzwischen 82 Jahre junge Nicole Heesters steht als herrische Bernarda im Zentrum der Arrangements."
Zur vollständigen Kritik
taz-blog Stil-Bruch
Mesut Bayraktar, 05. Jun 19
"Die Aufführung ist zweifellos eines der Höhepunkte dramatischer Arbeit in der laufenden Spielzeit."

"Anke Schubert [spielt] mit technischer Klugheit, zeigender Sprache und selbstbeherrschtem Körpereinsatz den Vorschein eines arbeitenden Bewusstseins, zu dem der Hegelsche Knecht in seiner Auseinandersetzung mit dem Herrn kommt. Gleichsam spielt Nicole Heesters mit Härte, Befehl und ultimativer Präsenz, ohne als Spielende sich im Gespielten zu verlieren, den Vorschein des einsamen, im Geheimen unglücklichen Bewusstseins, in dessen Sackgasse sich der Hegelsche Herr manövriert, weil er erkennt, dass er Herr doch nur durch die Anerkennung als Herr durch den Knecht ist – worin er gleichsam seine totale Abhängigkeit entdeckt. Neben diesen beiden erstklassigen Schauspielerinnen hat vor allem Paula Skorupa in der Rolle der dunklen, buckelhaften und doch zärtlichen Martirio bleibenden Eindruck hinterlassen."

Zur vollständigen Kritik
Online Merker
Alexander Walther, 17. Mär 19
"Diese Inszenierung in den schlichten Kostümen von Merce Paloma … lebt ganz von der hervorragenden Darstellungskunst der Schauspielerinnen, die die Zuschauer aufgrund ihrer enormen künstlerischen Wandlungsfähigkeit geradezu betören. Allen voran begeistert hier Nicole Heesters als ungeheuer schillernde und gleichzeitig undurchsichtige Bernarda Alba, die ihren Töchtern weder Freiheit noch Ruhe gönnt. Angst und Alpträume beherrschen deswegen auch die Handlung, der Calixto Bieito immer wieder Fieberschauern von Lust, Hass und Tod abtrotzt. … Sowohl Josephine Köhler als Angustias als auch Anne-Marie Lux als Magdalena und Jelena Kunz als Amelia bieten hier überragende Charakterstudien. Ergänzt wird dieses fieberhaft-feurige Spiel durch die elektrisierenden Auftritte von Paula Skorupa als Martirio, Nina Siewert als Adela und Anke Schubert als frustrierte Dienerin La Poncia. … Auch Elke Twiesselmann hat als Großmutter Maria Josefa eindrucksvolle Auftritte."
Zur vollständigen Kritik
Ostalb.net
Wolfgang Nußbaumer, 17. Mai 19
"fesselnd inszeniert[]"

"Siewert spielt mit Verve den aufmüpfigen Gegenpol, der dann doch am unerbittlichen Matriarchat scheitert. … Nicht vergessen darf man in diesem Frauenhaus die wenigen, dafür umso einprägsameren Auftritte der betagten Elke Twiesselmann als demente Großmutter. Wie sie da auf der wie ein schwankender Boden anmutenden dunklen Seite des umgeklappten weißen Bühnenhintergrunds steht und mit brillanter sprachlicher Klarheit hellsichtige Sätze sagt – das ist höchste Sprechkunst."

Zur vollständigen Kritik
Schwäbische Zeitung
Wolfram Frommlet, 01. Jul 19
"Sprachkunst vom beängstigenden Pianissimo bis zum hysterischen Ausbruch. Neun atemberaubende Schauspielerinnen."
Audio-Einführung zu "BERNARDA ALBAS HAUS" mit Josephine Köhler
"BERNARDA ALBAS HAUS" Trailer