Peaches

Die feministische Sängerin, Produzentin, Regisseurin und Performance-Künstlerin Peaches hat Kultstatus. Seit über zwei Jahrzehnten setzt sie sich über Grenzen hinweg und durchbricht Barrieren. Sie geht dabei einen mutigen und sexuell progressiven Weg, der nicht nur die Popkultur ausschlaggebend verändert hat, sondern auch vielen Nachfolger*innen die Türen öffnet. Durch ihre Musik, ihre Kunst, ihre Filme, Theaterprojekte, Fernsehauftritte und Buchproduktionen räumt sie mit Stereotypen auf, bricht Tabus und hinterfragt soziale Normen und patriarchale Machtgefüge. Mit voller Wucht und furchtloser Authentizität tritt sie für die Rechte der LGBTQ-Gemeinde ein und gilt als Vorreiterin im Gender-Diskurs.
Peaches wuchs als Merrill Nisker in ihrer Heimatstadt Toronto auf. Sie wurde als eine von nur sieben Studierenden zum renommierten Studiengang der Theaterregie an der York University in Toronto zugelassen und machte dort auch ihren Abschluss. Die Anfänge ihrer Musikkarriere reichen in die frühen 90er-Jahre zurück, ihren Künstlernamen entnahm sie dem Song Four Women von Nina Simone. In einem Interview mit der Zeitschrift The Gentlewoman sprach sie über ihren Künstlernamen: "Mein Name hat nichts mit den Problemen der Frau zu tun, von der der Song handelt. Es ging mir um die Eindringlichkeit, mit der Nina am Ende des Songs singt: "Peaches! PEACHES!" Ich habe mir gewünscht, dass Nina es für mich singt." Peaches experimentierte mit Genres und dramaturgischen Konzepten und verwandelte sich in eine sexuell aufgeladene, explosive Performerin, wodurch sie weltweit bekannt wurde.
Peaches’ 2000 erschienenes Debütalbum The Teaches of Peaches war ein Riesenerfolg. Die Hauptsingle Fuck The Pain Away war überall zu hören, unter anderem in Lost in Translation von Sofia Coppola, in der US-amerikanischen Sitcom 30 Rock, in South Park und in der HBO-Serie True Blood. Thom Yorke hörte ihn vor der Aufnahme des Radiohead-Albums In Rainbows rauf und runter und Madonna machte dazu Sport. Das Musikmagazin Rolling Stone beschrieb das Album als "surreal lustig und versaut.", die Wochenzeitung Village Voice bezeichnete es als eines der besten Alben des Jahres. 2015 wurde es mit dem Slaight Family Polaris Heritage Prize ausgezeichnet, ein Musikpreis, der kanadische Alben von "höchster künstlerischer Qualität" würdigt.
"Ich wollte mich nie im Mainstream bewegen", sagt Peaches, deren aktuelles Album Rub die Kritiker*innen begeisterte und das sie erneut als Pionierin einer modernen Auffassung von Weiblichkeit, Sexualität und Macht ins Gespräch brachte. "Der Mainstream sollte sich auf mich zubewegen. Und so war es dann auch."
Peaches ist darüber hinaus eine erfolgreiche Performance-Künstlerin. Bei über zwanzig ihrer Musikvideos hat sie selbst Regie geführt und gemeinsam mit dem Fotografen Holger Talinski brachte sie ein Foto-Tagebuch heraus, das ihr Leben auf und hinter der Bühne dokumentiert. Außerdem war sie an einigen der wichtigsten zeitgenössischen Kunstmessen beteiligt, darunter der Art Basel Miami Beach und der Biennale von Venedig. 2010 brachte sie die semi-biografische Elektro-Rock-Oper Peaches Does Herself auf die Bühne, für die ihre Karriere als lose Grundlage diente. Der gleichnamige Film feierte seine Premiere 2012 auf dem Toronto International Film Festival (TIFF) und wurde anschließend auf über 70 Festivals weltweit gespielt. Peaches blieb am Theater und brachte ihre eigene Interpretation von Andrew Lloyd Webbers Jesus Christ Superstar unter dem Namen Peaches Christ Superstar heraus, die nach wie vor weltweit auf Theaterbühnen und auf Festivals gespielt wird und 2016 zum Repertoire der Münchner Kammerspiele gehörte. Die facettenreiche Künstlerin sang 2013 die Hauptrolle in einer Berliner Produktion von Monteverdis epischer Oper L’Orfeo aus dem 17. Jahrhundert und schloss sich mit Yoko Ono zusammen: Auf dem Meltdown Festival in London hauchte sie 2013 der legendären Performance Cut Piece von Yoko Ono aus dem Jahr 1964 neues Leben ein. Onos Fazit: "Keine Performance von Cut Piece wird je von größerer Kunstfertigkeit sein. Ich habe es ganz klar vor Augen, wie sich zukünftige Künstlerinnen von Peaches’ kreativem Mut inspirieren lassen." Des Weiteren gab es Kollaborationen mit Major Lazer, Le Tigre, REM und vielen anderen Künstler*innen.
Im Sommer wird Peaches anlässlich des 20. Jubiläums von The Teaches of Peaches auf Kampnagel in Hamburg eine neue Show präsentieren.
VON ANTHONY D‘AMATO