Jeeps
Foyer Kammertheater
Ab Klasse 9
Dauer – ca. 1:30 Std, keine Pause
Premiere
Fr – 24. Nov 23
Fr – 24. Nov 23
Deutschland im Herbst in einer nahen (?) Zukunft, das Bürgergeld heißt wieder Hartz IV, die Jobcenter existieren noch, das System des Nummer-Ziehens bewährt sich nach wie vor. Doch der Aufgabenbereich der Sachbearbeiter hat sich ausgedehnt. Gabor und Armin sind mittlerweile die Hüter der Erbschaftslotterie, denn das natürliche, altbekannte Erbrecht wurde reformiert, und Hinterlassenschaften werden nun per Losentscheid verteilt. Somit haben alle die Chance, etwas von den jährlich in Deutschland vererbten 400 Milliarden Euro zu bekommen. Silke revoltiert; ist es fair, dass das Vermögen ihres Vaters, für das er ein Leben lang schuften musste, verlost wird und nicht in ihr Start-up fließen kann? Maude dagegen frustrieren als Hartz IV-Betroffene ganz andere Umstände. In den heiligen Hallen der Agentur für Arbeit treffen diese vier Menschen aufeinander und liefern sich einen rasant pointierten Schlagabtausch um das große Los.
Nora Abdel-Maksoud stellt in ihrer zugespitzten Gesellschaftssatire das Privileg der Geburt in Frage. An ein tiefes soziales Sicherheitsbedürfnis anknüpfend, verhandelt sie präzise die strukturellen Bedingungen einer Gesellschaft, in der Klassenunterschiede gleichzeitig wirken und negiert werden. Provokant und raffiniert seziert Abdel-Maksoud das volatile Selbstverständnis jenes Wohlstandsbürgertums, das sich partout nicht oberhalb des Mittelstands verorten will, im Verhältnis zu ihrem Kapital.
Nora Abdel-Maksoud stellt in ihrer zugespitzten Gesellschaftssatire das Privileg der Geburt in Frage. An ein tiefes soziales Sicherheitsbedürfnis anknüpfend, verhandelt sie präzise die strukturellen Bedingungen einer Gesellschaft, in der Klassenunterschiede gleichzeitig wirken und negiert werden. Provokant und raffiniert seziert Abdel-Maksoud das volatile Selbstverständnis jenes Wohlstandsbürgertums, das sich partout nicht oberhalb des Mittelstands verorten will, im Verhältnis zu ihrem Kapital.
Inszenierung
Bühne / Kostüme
Licht
Walter Bühler
Dramaturgie
Das wahnwitzig rasante Spiel des Ensembles mit der wehleidig flennenden, überlaut ausrastenden Silke, der ohne Punkt und Komma dauerplappernden Maude und den schmierigen Jobcenter-Soldaten Armin und Gabor macht Spaß. … vielleicht ist fröhlicher Wahnsinn auch der letztmögliche Konter angesichts sozialer Ungerechtigkeit, die Kunst zwar beschreiben, aber eben nicht lösen kann.
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Dabei ist das Thema von Jeeps gar nicht komisch. Es begegnet uns jeden Tag. Man kann sich nur wundern, dass sich die Gegenwartsdramatik seiner bisher nicht angenommen hat. Aber vielleicht ist das gar nicht so verwunderlich.
… Komödien müssen auf ernste Erkenntnisse nicht verzichten. Formal mag sich Jeeps Elemente des Boulevards zu eigen machen. In der Aussage geht das Stück weit darüber hinaus. …
Der Regisseur Sebastian Kießer setzt auf filmische Techniken, auf Zeitlupe, Freeze, Lichtwechsel. Er respektiert das Genre – die „Crazy Comedy“ –, ohne es dem Klamauk auszuliefern. Den Rest erledigen die Schauspieler. Ein Fest. Für sie und für die Zuschauer.
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Ist Abdel-Maksouds Story per se schon abgefahren, so sind es die vier Charaktere auf einer gut ins Foyer des Kammertheaters eingepassten Bühne … allemal. Insbesondere Celina Rongen alias Silke agiert in Jogginghose und auf abenteuerlich hohen High-Heels mit unfassbar jammernd-kreischendem Temperament, wobei ihr die drei weiteren Bühnenakteure in einer gelungenen Mischung aus Slapstick und Authentizität in nicht viel nachstehen.
Langeweile kommt in dieser schwarzhumorigen, bissigen Zuspitzung unserer Lebensrealitäten keine auf. … Nach anderthalb Stunden ohne Pause verlässt man denn zufrieden, aber etwas duselig im Kopf das Theater. Und man setzt sich mit dem guten Gefühl, gehörig gelacht zu haben, hinters Steuer – sofern es eben kein Jeep ist.
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… Als zugespitzte Gesellschaftssatire explodiert dieses Stück im Foyer des Kammertheaters im kompakten Bühnenbild und den kessen Kostümen von Ariane Königshof im wahrsten Sinne des Wortes. Denn die Protagonisten bedrohen sich nicht nur mit dem Revolver, sondern zünden tatsächlich Bomben. Klassenunterschiede werden so gnadenlos entlarvt. Neben „Penis-Witzen“ bringt diese „Eierstock-Lotterie“ die vier Schauspieler wahrhaft auf die Palme. …
Ein gelungener Theaterabend. Ovationen, Jubel, Begeisterung.
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