Wolken.Heim.

von Elfriede Jelinek
unter Verwendung des Epilogs "Und dann nach Hause"
Kammertheater
Dauer – ca. 1:20 Std, ohne Pause
Derzeit nicht im Spielplan
Was zeichnet es aus, das Deutsche? Woraus speist sich ein Gefühl von Zugehörigkeit? In Wolken.Heim. beschwört ein Kollektiv aus vier Frauenstimmen beständig eine Gemeinschaft, erst vorsichtig spekulierend, dann fordernd: »Wir sind wir. Nur bei uns sind wir zuhaus.« Sie jonglieren mit längst überwunden geglaubten Begriffen und Ansichten von Heimat, Boden, Schuld und Nation und legen darin ein überzeitliches nationalistisches Gedankengut frei, das tief in den Generationen wurzelt.
Sprache und Sprechende formen sich in Wolken.Heim. immer wieder zu einem sich manisch wiederholenden und wiederholten »Wir«, das sich in Fremdenfeindlichkeit und Abschottung selbst bestätigt und seine Identität durch die Ausgrenzung des Anderen erzeugt. Die Sehnsucht und die Suche nach klaren Zugehörigkeiten, Zusammenhalt und einer deutschen Identität begleiten jeden Satz, lassen Vermutungen zu Gewissheiten und Behauptungen zu Fakten werden.
Elfriede Jelineks Wolken.Heim. ist eine Collage aus Zitaten von Hölderlin, Hegel, Heidegger, Fichte und Kleist bis hin zu Texten der RAF. Die Versatzstücke sind miteinander verflochten, entfremdet, mitunter bewusst sinnentstellt und legen die Wurzel des Nationalismus als ideologisiertes (deutsches) Wir-Gefühl frei. Durch die Montage entlarvt Jelinek die Inszenierung von Sprache und gleichzeitig die Bausteine einer rechten Rhetorik, derer sich Nationalisten bis heute bedienen.

Premiere: Fr – 24. Mai 19
Inszenierung
Bühne und Kostüme
Sound Design und Musik

Pressestimmen

Südwest Presse
Otto Paul Burkhardt, 27. Mai 19
"Wie unerlöste Wesen sitzen die drei [Sprecherinnen] in ihren durchsichtigen Boxen, die irgendwie auch Käfige sind, Schneewittchensärge, Sex-Schaukästen, Kunstvitrinen, Isolationszellen. Mit dieser starken, vieldeutigen Idee bringt Regisseurin Friederike Heller Leben in Elfriede Jelineks Stück "Wolken.Heim."."

"So lässt sich der ausufernde, teils loopartig kreisende Text in vielfältigen Spielvarianten erleben – als Echo untoter Geister und als Disput dreier Frauengenerationen der Nachkriegszeit. Klug konzipiert, famos gespielt, absolut sehenswert."

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Nachtkritik.de
Steffen Becker, 24. Mai 19
"Dass sie ausschließlich auf Frauen setzt, wo doch Urheber und politische Benutzer nationaler Parolen meist Männer sind, ist ein kluger Kniff. Schuld und Verantwortung treffen auch die Menschen der zweiten Reihe, die Unterstützer. Die Figuren der Inszenierung zeigen zudem eine Nervosität und Überspanntheit, die sich aktuell gesamtgesellschaftlich zeigt – die Darstellung kippt nie ins Klischee "typisch weiblicher" Hysterie."

"… zum Schluss darf Köhler … aus dick gewordenem Bauch neue Erde gebären, in der Nationalismus und Ressentiments gedeihen können. Ein lauter, ekliger, typischer Jelinek-Moment, der einen so zurücklässt, wie die Autorin es sicher gerne hat: angefasst und willens, das Landlust-Abonnement bald zu kündigen."

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Ludwigsburger Kreiszeitung
Arnim Bauer, 27. Mai 19
"Überhaupt: Friederike Heller! Der Regisseurin gebührt hohe Anerkennung für ihre Arbeit, hat sie es doch geschafft, zu den Sätzen Jelineks das richtige Bild auf die Bühne zu zaubern. Denn diese Sätze bergen – wie meistens bei der Autorin – auch die latente Gefahr in sich, zu einem als sperrig bis verquast daherkommenden, im Laufe der Zeit langatmig und fade werdenden Wörterungetüm zu werden. So aber wird der Text strukturiert, bleibt der Zuschauer bei der Stange."

"Wenn Josephine Köhler dann auch noch die Geburt eines Etwas von "Muttererde" zelebriert, die ohnehin schon den Boden der Käfige bedeckt, wird es traurig-grotesk und gleichzeitig heftig."

kessel.tv
Dirk Baranek, 27. Mai 19
"Diesen sperrigen Text einer Frau haben im Kammertheater Frauen zu einem faszinierenden Theatererlebnis verdichtet. Regie: Frau. Auf der Bühne: vier Frauen. Sie sprechen den Text in überdimensionalen Käfigkästen, die Mutterfrau aus den 50ern, die Hippiefrau aus den 70ern, die Computerfrau aus den 90ern. Davor die hochschwangere Frau von heute, die die Kästen herumschiebt, herumdreht, versucht, in Perspektive zu setzen."

"Dieses Stück Theater packt einen tief. Man sollte es sehen. Und wenn es nur dazu dient, diese ganze rechte Kackscheiße an den Worten zu entlarven. Ein starkes Stück zu rechten Zeit."

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Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien
Markus Fischer, 10. Jun 19
"Der Regisseurin Friederike Heller und den vier genannten Schauspielerinnen bzw. Sprecherinnen ist es gelungen, den sprachlich, intellektuell, geistesgeschichtlich und zeithistorisch höchst anspruchsvollen Text "Wolken.Heim." von Elfriede Jelinek sowohl lebendig zu gestalten als auch inhaltlich verständlich zu machen und dabei gleichzeitig schauspielerisch hinreißend zu agieren…"
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Stuttgarter Zeitung
Roland Müller, 27. Mai 19
"Ein kluger Kopf meinte, Jelinek lasse in "Wolken.Heim." – schon der Titel verbackt die Wörter – ihre Fundstücke in einen "faschistoiden Einheitsdiskurs" münden. Hm, irgendwie ist das wohl so, auch im Kammertheater, wo sich die Damen engagiert durch die musikalisch rhythmisierte Inszenierung turnen, dabei keifen, schwärmen und raunen, Märchenfiguren anspielen und das "Wir" beschwören, das sich vor "Fremden" und "Negern" schützen muss."
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KULTURA extra
Thomas Rothschild, 25. Mai 19
"Wenn man sich … auf Hellers Konzeption einlässt, muss man den Schauspielerinnen Christiane Roßbach, Therese Dörr, Josephine Köhler und Celina Rongen eine bravouröse Performance attestieren."
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Einblick: Friederike Heller beim Konzeptionsgespräch von WOLKEN.HEIM.
"WOLKEN.HEIM" Trailer am Schauspiel Stuttgart