Ein Volksfeind
Schauspielhaus
Dauer – ca. 1:35 Std, keine Pause
Premiere
Sa – 24. Sep 22
Sa – 24. Sep 22
Viel Hoffnung auf wirtschaftlichen Aufschwung verspricht das neue Kurbad einer verschuldeten Kleinstadt. Touristen und Badegäste sollen in den Ort gelockt werden. Dann aber macht der Badearzt Tomas Stockmann eine Entdeckung: Das vermeintlich heilende Wasser ist verseucht. Schuld daran ist pikanterweise der giftige Schlamm aus der Gerberei seines Schwiegervaters, der durch schlampig verlegte Zuflussrohre ins Badewasser gelangt. Aber damit nicht genug, auch das Trinkwasser der Stadt scheint davon betroffen – ein Umweltskandal, der es in sich hat.
Was die Stadtpolitik zu vertuschen versucht, will Stockmann an die Öffentlichkeit bringen. Sein Bruder, Bürgermeister der Stadt, möchte das mit aller Kraft verhindern. Denn die Stadt würde so ihre einzige Einnahmequelle verlieren, die Schulden würden steigen, Arbeitsplätze gingen verloren – seine Wiederwahl wäre gefährdet. Das aber lässt Stockmann nicht gelten: Recht, Wahrheit und die Gesundheit aller stehen für ihn an oberster Stelle, müssen über Macht- und Wirtschaftsinteressen den Sieg davontragen, sonst drohe der Verfall der Gesellschaft und das Land sei dem Untergang geweiht. Er ruft eine „Revolution“ aus, die einzig mögliche, radikale Lösung, um gegen die Lüge und die Dummheit ins Feld zu ziehen. Aber die Mehrheit der Bürgerschaft, Presse und Politik setzen sich zur Wehr und erklären Stockmann zum Volksfeind. Ein moderner Kohlhaas gegen den Rest der Welt? Der Kampf Stockmanns um Wahrheit und Freiheit ist also noch lange nicht zu Ende.
Je schwächer die demokratische Gesellschaft, desto größer ihre Anfälligkeit für Radikallösungen. Ein Volksfeind, 1883 geschrieben, gehört zu den Meisterdramen des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen (1828–1906). Er zeigt darin, wie eng Eigeninteresse, Freiheitsrechte und Wahrheitsfindung mit politischem Handeln verstrickt sind und dass die Demokratie verloren hat, wenn sie nur noch Sache Einzelner ist.
Was die Stadtpolitik zu vertuschen versucht, will Stockmann an die Öffentlichkeit bringen. Sein Bruder, Bürgermeister der Stadt, möchte das mit aller Kraft verhindern. Denn die Stadt würde so ihre einzige Einnahmequelle verlieren, die Schulden würden steigen, Arbeitsplätze gingen verloren – seine Wiederwahl wäre gefährdet. Das aber lässt Stockmann nicht gelten: Recht, Wahrheit und die Gesundheit aller stehen für ihn an oberster Stelle, müssen über Macht- und Wirtschaftsinteressen den Sieg davontragen, sonst drohe der Verfall der Gesellschaft und das Land sei dem Untergang geweiht. Er ruft eine „Revolution“ aus, die einzig mögliche, radikale Lösung, um gegen die Lüge und die Dummheit ins Feld zu ziehen. Aber die Mehrheit der Bürgerschaft, Presse und Politik setzen sich zur Wehr und erklären Stockmann zum Volksfeind. Ein moderner Kohlhaas gegen den Rest der Welt? Der Kampf Stockmanns um Wahrheit und Freiheit ist also noch lange nicht zu Ende.
Je schwächer die demokratische Gesellschaft, desto größer ihre Anfälligkeit für Radikallösungen. Ein Volksfeind, 1883 geschrieben, gehört zu den Meisterdramen des norwegischen Schriftstellers Henrik Ibsen (1828–1906). Er zeigt darin, wie eng Eigeninteresse, Freiheitsrechte und Wahrheitsfindung mit politischem Handeln verstrickt sind und dass die Demokratie verloren hat, wenn sie nur noch Sache Einzelner ist.
Inszenierung
Bühne
Kostüme
Musik
Licht
Dramaturgie
Was den Grad der Verkürzung, Straffung und Entschlackung betrifft, ist Burkhard Kosminskis Zugriff sehr viel radikaler und konsequenter […]. Neben dem zum „Volksfeind“ gestempelten Arzt blieben in Stuttgart gerade mal fünf weitere Figuren übrig, wobei von Beginn an dessen Bruder, Bürgermeister und moralinsäuerlicher Provinz-Machiavell, und der bräsig abgebrühte, pseudolinke Chefredakteur des Lokalblattes im Zentrum der Intrige stehen.
[...] Wie diese bittere Erkenntnis langsam in seinen Körper einsickert und aus einer anfangs vor Vitalität und Optimismus berstenden Figur allmählich ein gekrümmtes Etwas mit stumpfem Blick werden lässt, zeigt Mathias Leja mit großer schauspielerischer Klasse. Nicht minder gekonnt, die Art und Weise, wie der zunächst kumpelhaft zugewandte Medienmann [Klaus Rodewald] unter dem Druck der politischen Einflüsterungen von oben langsam immer mehr auf Distanz geht und scheußlich in professioneller Kälte erstarrt.
[…] Virtuos und bannend ist dieses Umkippen, vom Vorkämpfer der Wahrheit zum manischen Agitator einer elitären Führerschaft. [Der] Stuttgarter Volksfeind [arbeitet] diesen Showdown stringent und fast ein wenig puristisch heraus […]
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Fazit: Kein wohlfeiles Schwarz-Weiß, keine Aufpimp-Effekte. Karg und klug inszeniert.
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[…] eine Steilvorlage für Matthias Leja, [der] die ganze Ambivalenz der Figur des Arztes so großartig aufzufächern weiß.
Hier der Kampf gegen eine träge Bürgerschaft, die vor allem auf ihren Wohlstand achtet, dort die Auseinandersetzung der beiden Brüder. Das genügt allemal, um einen kurzweiligen Abend zu garantieren, der sich pointiert auf ganz exakt definierte Konflikte beschränkt. Die Inszenierung lebt auch davon, wie einerseits Matthias Leja mit seinem geradezu opulenten Repertoire den Arzt gibt, in diesem explizit alle Konflikte eines ambitionierten Menschen zwischen Moral, Eiferertum, ja Fanatismus, Pragmatismus und letztlich eigenem Vor- und Nachteil ausbreitet. Ein Dilemma, das man heute auch bei den meisten Politikern und vielen Aktivisten beobachten kann.
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Sozialkritische Anklage und beissende Satire wechseln sich ab, was die Schauspieler überzeugend über die Rampe bringen. Matthias Leja gelingt es als Doktor Tomas Stockmann, seine grenzenlose Verzweiflung über eine verlogene Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. […] Starke Charaktere sind bei dieser dramaturgisch dichten Aufführung ferner Klaus Rodewald als Redakteur des „Volksboten“ sowie Marco Massafra als undurchsichtiger Verleger Aslaksen, die Tomas Stockmann schließlich eiskalt fallenlassen. „Journalisten sind Arschgeigen“, bekennt Hovstad selbst. Matthias Leja als Tomas Stockmann kann seiner Rolle elektrisierende Ausdruckskraft verleihen. Heinrich George und Werner Krauß waren berühmte Darsteller dieser Figur – aber Matthias Leja setzt bei seiner Interpretation durchaus eigenständige Akzente mit vielen Facetten.
Die Ähnlichkeit Tomas Stockmanns zu Peer Gynt arbeitet Burkhard C. Kosminski einfühlsam heraus. Auch dieser Held sucht die wahre Heimat, sehnt sich nach Seelenruhe. Und doch wird er auch hier den Nimbus des unverbesserlichen Idealisten und Narren nicht los.
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