Medea

von Franz Grillparzer
Schauspielhaus
Dauer - ca. 1:15 Std, ohne Pause
Premiere
Fr – 14. Dez 18
Der Grieche Jason und die Königstochter Medea befinden sich auf der Flucht. Medea hat Jason geholfen, das Goldene Vlies zu rauben, ein kostbares Widderfell, das ihr Vater, Herrscher des sagenumwobenen Kolchis an der Küste des Schwarzen Meeres, einst durch einen heimtückischen Mord in seinen Besitz gebracht hatte. Medea hat doppelte Schuld auf sich geladen: Sie hinterging ihren Vater und verursachte den Tod ihres Bruders. Jason und Medea segelten einer vermeintlich gloriosen Zukunft entgegen, doch nirgendwo sind sie willkommen. Medea ist als Ehefrau nicht gesellschaftsfähig, zu groß ist die Furcht der Griechen vor der zauberkundigen Medea, die sie als „Barbarin“ brandmarken. Nach jahrelanger Irrfahrt landen die beiden Liebenden in Korinth. Jason entschließt sich zu einem radikalen Neuanfang, denn für ein Leben auf der Verliererseite ist er nicht geschaffen. Kreon, König von Korinth, macht ihm ein verlockendes Angebot. Wenn Jason seine Tochter Kreusa heiratet, erhält er ein dauerhaftes Bleiberecht für sich und seine Kinder. Medea droht die Verbannung.
Seit über 2000 Jahren fasziniert der Mythos Medea. Für Jason hat sie alles geopfert: ihre Familie, ihre Heimat, ein selbstbestimmtes Leben. Konfrontiert mit Verrat und Treuebruch und angesichts ihrer völligen Entrechtung, der Auslöschung jeglicher Lebensperspektive entschließt sich Medea zu einer ungeheuren Tat: Sie tötet ihre eigenen Kinder.
Inszenierung
Kostüme
Choreographie
Licht
Dramaturgie
Dramaturgische Mitarbeit / Dolmetscherin
Alina Zeichen
Statisterie

Audio-Einführung mit Katharina Hauter

Pressestimmen

Stuttgarter Zeitung
Kathrin Horster, 15. Dez 18
"Mateja Koležnik gelingt mit Grillparzers "Medea" im Schauspiel Stuttgart ein Glanzstück. Die straffe Inszenierung verzichtet auf Pathos und setzt auf Psychologie und Sprache statt auf Effekte."

"In diesen Grundzügen erweist sich der alte Sagenstoff als überzeitlich wirksam. Ohne krampfhafte Modernisierungen öffnet die Inszenierung die Perspektive auf das psychische Leid geflüchteter Menschen, die in der Fremde auf Vorurteile und Ablehnung stoßen, weil man sie als potenzielle Bedrohung der eigenen Kulturauffassung und Moralvorstellung einstuft."

"Man begreift, dass Medea die Kinder nicht aus einem gekränkten Besitzanspruch heraus tötet, um Jason so zu bestrafen. Der letzte Mord kommt einer Selbstaufgabe gleich. Dass Mateja Koležnik zusammen mit ihrem starken Ensemble diese harte Tatsache sachlich ohne Pathos und überzogene Gefühlsausbrüche auf die Bühne bringt, ist ein Glanzstück."

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Ludwigsburger Kreiszeitung
Arnim Bauer, 17. Dez 18
"Es geht um das alte Thema der Abhängigkeit, in die sich auch die starke Medea – von manchen auch als Urfeministin gesehen – begibt. … in dieser Inszenierung kann man ahnen, dass es den angeblichen Helden Jason ohne diese starke Frau mit ihrem "Zauber" im Rücken nie gegeben hätte. … Dargestellt in dieser konsequent unsympathischen Art von Klaus Rodewald bildet [Kreon] zusammen mit der Bettvorlegerfigur des Jason eine fein gesponnene, dafür umso eindrücklichere Metapher auf gestrige und eben immer noch auch heutige Macht- und Besitzverhältnisse."

"So bringt die Regie ein altes Stück auf selbstbewusste, kraftvolle Weise auf die Höhe eines sehr positiv modernen Dramas, das die heutige Zeit widerspiegelt. Drastisch eingedampft, auf die Sehgewohnheiten heutiger Zuschauer eingestellt und trotzdem unglaublich ausdrucksstark, mit viel Bewegung im kahlen Treppenhaus. Kein Lamento, keine langen Monologe, stattdessen eine bärenstarke Darstellung von Sylvana Krappatsch, die in dieser Rolle sehr viel mehr zum Ausdruck bringt, als die vielen Worte sagen könnten, die sie gar nicht sprechen muss. Hier ist eine Klasseschauspielerin nach Stuttgart gekommen, die es schafft, die ganze Verzweiflung dieser bis in die tiefste Seele verletzten Frau mit subtilsten Mitteln darzustellen."

taz
Shirin Sojitrawalla, 9. Jan 19
"Wiederum hat Raimund Orfeo Voigt ihr einen tollen Hingucker auf die Bühne gestellt, diesmal ein um einen gläsernen Schacht gebautes Treppenhaus. Ein zugiger Ort, der keine Heimat verspricht. Dort begegnen sich Medea und ihr Gatte Jason sowie seine Neue wie nebenbei: Paare und Passanten, Allerweltspersonal. Wie so oft bei Koležnik lastet eine graue Schwere über ihnen, Trostlosigkeit hängt in der Luft wie Kohlgeruch. Sylvana Krappatsch gibt Medea als burschikose Frau von heute, die schon mal hastig eine Zigarette raucht."
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APA (Österreichische Presseagentur)
Wolfgang Huber-Lang, 15. Dez 18
"Titelheldin Sylvana Krappatsch (in Wien noch aus ihrer Zeit am Schauspielhaus in bester Erinnerung) und Katharina Hauter als korinthische Königstochter Kreusa [liefern] einander ein facettenreiches und sehenswertes Duell...."
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Frankfurter Allgemeine Zeitung
Martin Halter, 18. Dez 18
"Sylvana Krappatschs Medea handelt nicht impulsiv und wird kaum einmal laut. Rauchend auf der Treppe sitzend, bedenkt sie Ursache und Folgen ihrer bestialischen Tat, ehe sie die Kippe ausdrückt und nach oben geht. Man ahnt, was sie von Jason erdulden musste, aber sie erlaubt sich nur Bitterkeit und Hohn, nicht Hass und schreiende Verzweiflung. … Klaus Rodewalds Kreon ist ganz der autoritäre Korinth-first-Politiker, der in seinem Reich keine Fremden, schon gar nicht zauberkundige Hexen, duldet. Eingebürgert werden allenfalls Männer mit Vlies, dem Siegerzeichen von Stärke und Reichtum."
Faust Kultur
Thomas Rothschild, 17. Dez 18
"Keine Übermalung, keine Bearbeitung "nach" XY. Man sieht: gutes Theater, gescheite Regie, wahre Schauspielkunst veralten nicht so schnell...."
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nachtkritik.de
Verena Großkreutz, 15. Dez 18
"… gespielt wird in einem imposanten Bühnenbild von Raimund Orfeo Voigt: Ein wuchtiges Treppenhaus steht da auf der Bühne des Stuttgarter Schauspielhauses, mit kalt gefließten Wänden und einem großzügigen, milchig verglasten Lichtschacht in der Mitte. Ein zugiger Ort, keiner, wo man sich heimisch fühlen darf. … Gerade dem Bühnenbild entspringen die magischen Theatermomente an diesem Abend."

"Wenn [Sylvana Krappatsch] nach Worten ringt, sie herauspresst, in Verzweiflung erstarrt, ja körperlich gefriert angesichts Jasons Untreue, Abweisung und Verrat, so spielt sie die Medea glaubwürdig und mit großer Intensität: diese völlige Überraschung über sein Verhalten, diese ungeheure Verletzung."

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Rhein-Neckar-Zeitung
Heribert Vogt, 15. Dez 18
"Und diese Realität hat Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt nackt und gnadenlos skizziert: Im schwarzen Spielraum steht ein kalt gekacheltes Treppenhaus ohne Wände und angrenzende Zimmer. … Wer in diesem Treppenhaus unterwegs ist, kommt niemals an – kein Zuhause, nirgends. Die Menschen kreisen um sich selbst, bleiben Fremde, bestenfalls tauchen schemenhaft und unerreichbar nackte Gestalten aus der Vergangenheit auf."

"Die Theater- und Filmschauspielerin Sylvana Krappatsch zeigt eine anfangs burschikose, auch weiche, dann erschrockene und schließlich resigniert gefasste Medea, die vor dem Finale noch eine letzte Zigarette raucht. Man glaubt die ihr nachgesagten Gräueltaten nicht recht – so etwas hieß einmal Hexenjagd. Denn nur allzu gut passt die Ausstoßung Medeas zur korinthischen Staatsräson."

Eßlinger Zeitung
Martin Mezger, 16. Dez 18
"Nicht mehr die diskriminierenden Asylbedingungen sind bei Koležnik der Knackpunkt, vielmehr holt ein skrupelloses und nunmehr scheiterndes Geschäftsmodell Medea und Jason ein. In Franz Grillparzers um 1820 entstandener "Medea"-Version, die Koležnik inszenierte, trägt dieses Geschäftsmodell den mythischen Symbolnamen "goldenes Vlies": ... eine hellsichtige Formel des Raubtier- und Gierkapitalismus. Hier und bei Grillparzers Psychologisierung des mythischen Stoffs ... setzt Koležnik an. Ihre Inszenierung ist der Vollzug eines modernen Ehedramas im mythologisierenden Sprachgewand, in eine Ibsen-Perspektive der wiederkehrenden Gespenster der Vergangenheit gerückt. Steile Stiegen, steile Verse, steile Fallhöhen-Symbolik …."

„Katharina Hauter zeigt [die Königstochter Kreusa] als höhere Tochter, die ihre Durchtriebenheit hinter netter Naivität tarnt, sich ins Vertrauen Medeas schleimt und ihr mit zuckersüßem Niedlichkeitsgift die Kinder entfremdet. Wenn sie in holder Heuchelei ihrer Rivalin eine (hübsch parodierte) Eurythmie-Performance beibringt, um Jasons Gunst zurückzuerobern, wirft das ein klärendes Licht auf weibliche Rollenkonkurrenz – und auch auf die Spaltung in der Medea-Figur selbst ….“

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Südkurier
Johannes Bruggaier, 16. Dez 18
"Im trostlosen, grün gekachelten Treppenhaus findet [Mateja Koležnik] dafür ein gefährlich überzeugendes Bühnenbild (entworfen von Raimund Orfeo Voigt). Überzeugend, weil wir das Prinzip von Ausgrenzung und Vereinnahmung im Alltag vielleicht nirgends sonst so eindrücklich nachvollziehen können: das scheinbar vertrauliche und doch über alle Stockwerke vernehmbare Nachbarschaftsgetratsche, das grußlose Vorbeihuschen, der neugierige Blick durch den Spion an der Tür."
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Die deutsche Bühne
Manfred Bühne, 15. Dez 18
"In der Stuttgarter Inszenierung von Mateja Koležnik dominiert ein Treppenhaus (Bühne: Raimund Orfeo Voigt), das um eine Art Liftschacht mit lauter Drahtfenstern herumführt. Das schafft Assoziationen; wenn sich Menschen, zumeist die Kinder, in diesem Schacht bewegen, denkt man sofort an Bilder von Oskar Schlemmer, etwa die Bauhaustreppe von 1932. … Nun nutzt Koležnik zwar die Metaphorik des Spielraums, aber sie entwickelt ihre Inszenierung allein über die Sprache. ... Diese Regiearbeit von Mateja Koležnik ist als Denkspiel konzipiert."
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Online Merker
Alexander Walther, 17. Nov 18
"Mateja Koležnik hat das Stück gekürzt und konzentriert sich dabei stark auf die klare und ehrliche Sprache des Dichters Franz Grillparzer, der Medea alle Höhen und Tiefen der Leidenschaft durchlaufen lässt. Sylvana Krappatsch vermag dieses psychische Dilemma einer verlassenen Frau in bewegender Weise und sehr realistisch darzustellen."

"Es gibt … faszinierende Regieeinfälle. So sieht man neben den Erwachsenen auch die toten Kinder schemenhaft und ohne Kleider in dem hell erleuchteten Glaskasten herumlaufen. Es ist eine Welt zwischen Realität und Traumvisionen."

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Südwest Presse
Otto Paul Burkhardt, 17. Dez 18
"Heraus ragen… Marietta Meguid als lebensweise Amme Gora und Sylvana Krappatsch, die eine wortkarge, stumm verzweifelte und zunehmend erstarrende Medea in allen Stadien der Demütigung zeigt."
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"MEDEA" Trailer
Audio-Einführung zu "MEDEA" mit Katharina Hauter