Annette, ein Heldinnenepos
Schauspielhaus
Dauer – ca. 1:50 Std, keine Pause
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Premiere
Sa – 05. Nov 22
Sa – 05. Nov 22
Wer ist Annette? Anne Weber hat sie zur Protagonistin ihres neuen Romans gemacht, für den sie 2020 den deutschen Buchpreis erhielt. Sie erzählt die Geschichte der französischen Widerstandskämpferin Anne Beaumanoir, genannt Annette. 1923 in der Bretagne geboren, ist sie das einzige Kind überzeugter Kommunisten. Als die Deutschen 1940 Frankreich besetzen, geht sie mit gerade mal 19 Jahren in die Résistance. Ihre Auflehnung gegen jede Form von Ungerechtigkeit treibt sie zu eigenmächtigen Rettungsaktionen etwa von zwei Jugendlichen einer jüdischen Familie. Nach dem Krieg wird sie Ärztin. Sie heiratet, bekommt Kinder und führt ein bürgerliches Leben, bis der Algerienkrieg ausbricht. Sie engagiert sich erneut, dieses Mal auf der Seite der algerischen Unabhängigkeitsbewegung Front de Libération Nationale. Sie kämpft nicht nur für die Unabhängigkeit Algeriens, sondern auch für eine sozialistische Gesellschaft. 1959 wird sie festgenommen und zu zehn Jahren Haft verurteilt. Auf abenteuerliche Weise gelingt ihr die Flucht …
Anne Weber wählt für ihre literarische Biografie von Anne Beaumanoir die Form des Heldinnenepos. Dabei nutzt die Autorin gekonnt die Weitwinkelperspektive des Epos, um das Erzählte auf Distanz zu halten; gleichzeitig wählt sie Nahaufnahmen ihrer Heldin. Darüber hinaus gelingt es ihr, allem Schlimmen auch eine skurrile Leichtigkeit zu verleihen. Der Roman zeigt auf, was es bedeutet, für eine größere Gerechtigkeit, eine bessere Welt zu kämpfen und welchen Preis man dafür zahlen muss. In einem Wechsel von Alltags- und Kriegsszenen beschreibt Anne Weber den Mut und das Vertrauen, aber auch die Zweifel und Ängste dieser Frau – und nicht zuletzt erzählt sie ein wichtiges Stück Zeitgeschichte.
Anne Weber wählt für ihre literarische Biografie von Anne Beaumanoir die Form des Heldinnenepos. Dabei nutzt die Autorin gekonnt die Weitwinkelperspektive des Epos, um das Erzählte auf Distanz zu halten; gleichzeitig wählt sie Nahaufnahmen ihrer Heldin. Darüber hinaus gelingt es ihr, allem Schlimmen auch eine skurrile Leichtigkeit zu verleihen. Der Roman zeigt auf, was es bedeutet, für eine größere Gerechtigkeit, eine bessere Welt zu kämpfen und welchen Preis man dafür zahlen muss. In einem Wechsel von Alltags- und Kriegsszenen beschreibt Anne Weber den Mut und das Vertrauen, aber auch die Zweifel und Ängste dieser Frau – und nicht zuletzt erzählt sie ein wichtiges Stück Zeitgeschichte.
Inszenierung und Bühne
Kostüme
Musik
Licht
Dramaturgie
Dušan David Parízek hat eine Textfassung erstellt, die keinen Zweifel an der Stärke von Webers Sprache lässt. Sie besticht nicht nur durch Treffsicherheit, sondern auch durch eine verführerische Ironie, hinter der Gewalt, Tod und Verlust umso schmerzlicher aufblitzen. […]
Fast übermütig fliegen die Szenen dahin, doch hinter all dieser vermeintlichen Leichtigkeit entpuppt sich Annettes Kampf um Gerechtigkeit zunehmend als große Tragödie.
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Dass es nicht nur um Emanzipation geht, also darum, das Leben einer mutigen Frau nachzuerzählen, sondern um eine ebenfalls heute noch virulente Kritik am Kolonialismus, das macht die Regie von Beginn an klar. […]
Wird Annette erkennen, dass auch diese Widerstandsbewegung nicht bringen wird, was sie sich erhofft: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit? Ohne zu viel zu verraten, sie wird es erkennen. Welchen Preis sie dafür bezahlt – dies an dem zweistündigen Abend im Stuttgarter Schauspielhaus mitzuerleben, ist ein absolut lohnenswertes Unterfangen.
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Das Spieltempo ist hoch. Gespielt wird so gut wie ohne Requisiten und auf fast leerer Bühne. […] Es gibt gleich drei Annettes, die jeweils unterschiedliche Seiten der Figur auszuleuchten scheinen. Sylvana Krappatsch: willensstark, reflektierend, aber auch melancholisch. Josephine Köhler: extrovertiert, Raum einnehmend. Sarah Franke: emotional, aggressiv, agitierend. Gemeinsam mit Peter Fasching, der zudem gekonnt auf Keyboard und Gitarre für die Bühnenmusik sorgt, ist daneben weiteres Rollenswitching angesagt […] alles sehr virtuos!
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Parízek lässt die Figur von Schauspielerinnen entwickeln, die unterschiedlicher nicht sein könnten. […] Die Regie eröffnet damit den Diskurs über eine Heldin, die an ihren eigenen Ansprüchen scheitert.
So entfaltet die Regiearbeit eine packende dokumentarische Kraft. Dagegen berühren die Bilder aus dem liebevollen Leben der Frau, die ihre Familie zurücklässt, weil sie vor einer Haftstrafe nach Algerien flieht.
Der Regisseur Dušan David Pařizek hat diese Aufgabe zusammen mit einem spielfreudigen Ensemble am Schauspielhaus Stuttgart mit Bravour gemeistert.
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