Hotel Savoy (UA)

oder Ich hol' dir vom Himmel das Blau
Eine Hybridoperette mit der Musicbanda Franui
Auf der Textgrundlage von Joseph Roths Roman

Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
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Schauspielhaus
Ab Klasse 9
Dauer – ca. 2:30 Std, eine Pause
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Eine Kooperation des Schauspiel Stuttgart und der Staatsoper Stuttgart
Uraufführung
Sa – 22. Jun 24
Karten
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In Joseph Roths frühem Roman wird ein Hotel zur Metapher für die durch den Ersten Weltkrieg aus den Fugen geratene Welt. Die Erfahrungen von Exil und Verlorenheit sind dem Text eingeschrieben. Gestrandete Existenzen, Soldaten, Bankrotteure, üble und andere Profiteure, echte und unechte Künstler sowie Prostituierte haben sich dort niedergelassen. Sie alle warten auf die Ankunft des Hotelbesitzers und Milliardärs Bloomfield aus Amerika – wie auf den Messias. Allen voran der Kriegsheimkehrer Gabriel Dan. Aber Bloomfield hat mit seinem Besuch etwas ganz anderes im Sinn als die Rettung des Hotels Savoy und seiner Gäste …

Der Roman dient als Handlungsfaden dieses Musiktheaters. Nahezu alle Komponisten der Silbernen Operettenära verbindet eine gemeinsame Geschichte: Sie wurden von den Nationalsozialisten vertrieben. So verschwand auch die Kunst der Unterhaltungsmusik aus dem deutschsprachigen Raum – ein Verlust, den die europäische Klassikwelt bis heute nicht überwunden hat. Das Schicksal Paul Abrahams steht sinnbildlich für das Leid vieler erfolgreicher Musiker der Weimarer Republik: Verrückt geworden dirigiert er am Times Square den Verkehr. In Kenntnis dieser Lebensgeschichten kann die Operettenmusik, sozusagen mit einem Ohr rückwärts und einem weit in der Zukunft, auch anders und aufregend neu gehört werden. In dieser neuen Lesart werden die größten Hits aus der Zeit zwischen 1900 und 1935 von der Musicbanda Franui musikalisch bearbeitet und rekomponiert.
Inszenierung
Musikalische Leitung
Bühne
Licht
Choreografie
Dramaturgie
Korrepetition
Christopher Schumann

Pressestimmen

Süddeutsche Zeitung
Egbert Tholl, 24. Jun 24
Im Roman trifft Kolportage auf Zeitanalyse, auf der Bühne das Ensemble auf Franui. Franui ist die beste aller existierenden Volksmusikkunstkapellen, sie spielen seit 1993 zusammen … [Im Hotel Savoy retten sie] die sogenannte „Silberne Operette“, deren jüdische Komponisten und Librettisten die Nationalsozialisten in Flucht, Tod und Vertreibung trieben, vor dem Vergessen. …

… die Welt, in die Gabriel Dan eintaucht, gibt es nicht mehr, hier klingt sie an, mit der Musik von Lehár, Benatzky, Abraham, Leo Fall, Oscar Straus, fabelhaft arrangiert von Markus Kraler und Andreas Schett von Franui. Mit Hackbrett und Harfe, viel Gebläse, gefärbt von Charleston, Swing und immer wieder einem vorüberziehenden Hauch der Berge. …
Ein Beispiel: „Da geh ich zu Maxim“ von Franz Lehár. Im weltberühmten Refrain nimmt sich die Combo vollkommen zurück, nur Hackbrett und Harfe begleiten mit äußerster Zartheit, der Gesang von Moritz Kallenberg hat nichts mehr Auftrumpfendes, das Lied wird zu einer Erinnerung an vielleicht die einstige, eigene Großartigkeit.

… [Josefin] Feiler ist eine Nummer für sich, tanzt Charleston und singt dabei Koloratur, sie spielt grandios, schonungslos, kennt keine Eitelkeit, dafür immensen Witz, sie ist hellwach. Wenn sie auftritt als Stasia, die alle lieben, dann ist Glück.
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Stuttgarter Zeitung
Susanne Benda, 24. Jun 24
… der Kriegsheimkehrer Gabriel Dan … kehrt nicht heim, sondern lässt sich nieder an einem Ort des Übergangs. „Ich stehe allein“, sagt Dan im Roman. „Mein Herz schlägt nur für mich. Ich habe keine Gemeinschaft mit einer Menge und nicht mit Einzelnen. Ich bin ein kalter Mensch.“ So sieht und so spielt Massafra die Romanfigur: als Mann ohne Eigenschaften. ... Gabriel Dan ist ein berichtender Katalysator, durch sein Erzählen gehen die Bilder der Zeit hindurch. Heraus kommen Gedanken und Bilder von ungefilterter Schrecklichkeit. …

… Im Roman wechseln ständig Präsens und Präteritum. Im Musiktheater von Franui werden dessen Figuren zu Dialogpartnern mit eigener Kontur … Sie alle wirbeln jetzt in „Hotel Savoy“ um- und durcheinander. Das ist sehr unterhaltsam, oft lustig. …

Die Arrangements der Operettennummern für das bläserbetonte Ensemble ... haben meist einen dunklen Trauerrand. Die tollen Schauspielerinnen und Schauspieler …, dazu der Tenor Moritz Kallenberg und die Sopranistin Josefin Feiler von der … Staatsoper: Sie alle machen den Abend singend, tanzend, sprechend, spielend zu einem quirligen Theaterereignis, das Franui fantasievoll mit Musik garnieren. … hier ist die „Hybridoperette“ dort angekommen, wo sie zu Hause, stark und ganz bei Joseph Roth ist: in der Mitte zwischen Freude und abgrundtiefem Schmerz. …
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Heilbronner Stimme
Claudia Ihlefeld, 25. Jun 24
Musikalisch ist der Zweieinhalb-Stunden Abend mit Pause eine (Neu)entdeckung: … Mit eigenwilligen, wilden Anverwandlungen und Arrangements spielt Franui auf Hackbrett und Harfe, beherrscht Blasinstrumente von der Klarinette über die Tuba zu Trompete und Posaune, Klavier, Kontrabass, Akkordeon und Violine. … Zeilen wie „Was kümmert mich die ganze Welt“ von Fritz Rotter zu Abrahams „Das Blaue vom Himmel“ bekommen eine bittere Note: Damals wie heute steht die Welt am Abgrund und tanzt auf dem Vulkan. …

Marco Massafra als Gabriel bewegt sich mit traurig-ernstem Blick nah an der Vorlage, ein Typ wie Chaplins Tramp, der weder Stasia seine Liebe gestehen mag, noch seinem Freund Zwonimir (Klaus Rodewald) bei der Revolution behilflich sein kann. …

… Großartig sind Moritz Kallenberg und Josefin Feiler von der Staatsoper: stimmlich wie darstellerisch. Viel Applaus für einen Abend, der auch Albernheiten nicht scheut.
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Südwest Presse
Otto Paul Burkhardt, 24. Jun 24
Allein schon Franui ist ein Ereignis. Die Musicbanda ist mit schrägen Mixturen aus Klassik und Alpenfolklore längst bei den Salzburger Festspielen und an der Wiener Burg gefragt. Auch in Stuttgart versprüht die Band ihren spröden, widerborstigen Charme. So kündigt Franui- Trompeter Andreas Schett fast alle Musiknummern in dezent parodiertem Bierzelt-Sprech als „Höhepunkt des Abends“ an – ein Running Gag. Und so klingen die musikalisch „rekomponierten“ Schmonzetten wie „Dein ist mein ganzes Herz“ und „Meine Lippen“ („Und ich tanz‘ wie im Rausch“), angereichert mit Tuba, Hackbrett und Saxophon, recht eigenwillig nach Almfest, Tanzboden und urbaner Operette. …

Regisseurin Corinna von Rad platziert diese Melange aus Romanadaption und Operette auf einen runden Präsentierteller, halb Showarena, halb Hotelfoyer. Sie mischt Ironie mit Herbheit: Fabrikanten in Tütüs und traurige Clowns lieben, leiden, stützen und hintergehen sich.
Das Politische schwingt lediglich mit. ... Bei Franui klingt manches an. … Wer will, kann alles hören: die Ambivalenz der Operette zwischen Bespaßung und Subversivität, den riesigen Echoraum des Romans in Zeiten von Krieg und Revolution.
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Deutschlandfunk, Musikjournal
Stefan Frey, 24. Jun 24
O-la-la: Das Fritzi-Massary-Chanson aus „Der letzte Walzer“ von Oscar Straus, … gesungen von Gábor Biedermann als traurige Travestie eines Cabaret-Auftritts, komisch und melancholisch zugleich. Das ist auch die Gefühlslage von Hotel Savoy in Stuttgart …: unter Tränen lachen. Es ist eigentlich eine Zeit der Katastrophen, in der das Genre seine letzte Blütezeit erlebt, und Joseph Roth erzählt eben davon. … [Gabriel Dans] unglückliche Liebesgeschichte mit der Varieté-Künstlerin Stasia ist der rote Faden der Hybridoperette und Sopranistin Josephine Feiler von der Staatsoper Stuttgart ihr emotionales Zentrum. Auch ihr Tenorkollege Moritz Kallenberg als halbseidener Rivale harmoniert wunderbar mit den Schauspielern wie der Vollblutkomödiantin Josephine Köhler und der kurzfristig eingesprungenen Inga Krischke. Alle spielen überzeichnete Typen mit dicken Bäuchen, großen Brüsten, verstellter Stimme und Mut zum Chargieren. Sie singen Operette so, dass endlich auch die Texte zur Geltung kommen, die oft ebenso doppelbödig sind wie die Musik. Und die steht eindeutig im Mittelpunkt, denn das Doppelbödige ist die Spezialität von Franui. Die zehnköpfige Musicbanda ist mal Hoteltanzkapelle, mal Trauermusik, mal Varietéorchester. Sie liefert den schaurig-schönen Sound für diese Revue des Scheiterns. …
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Ludwigsburger Kreiszeitung
Dietholf Zerweck, 24. Jun 24
... Arme und Reiche, Kapitalisten und Revoluzzer, Träumer und Gescheiterte ... begegnen sich im Varieté, und dort kommen auch ihre geheimen Wünsche und Sehnsüchte in den Schlagern der Operette zur Sprache, die von der Franui-Banda und einem achtköpfigen Sänger- und Schauspielensemble in zwei Dutzend Rollentypen doppelbödig auf die Bühne gebracht werden. …

… alle Schauspieler [bringen] ihre Songs facettenreich zur Darstellung …: Klaus Rodewald als Gabriels Freund und Gefährte Zwonimir sein Lied vom Glück aus Leo Falls „Madame Pompadour“, Marco Massafra mit ihm gemeinsam das melancholisch-utopische „Irgendwo auf der Welt“, Josephine Köhler ihr rotziges „Was kümmert mich die ganze Welt“, Boris Burgstaller als August der Esel die „Mehlspeis‘“ aus Benatzkys „Das kleine Café“ oder zusammen mit Gábor Biedermanns traurigem Clown Santschin das traurige „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände.“
Die Regisseurin Corinna von Rad inszeniert diese Szenenrevue der surrealen Sehnsüchte und schrägen Typen mit Gefühl für Zwischentöne und Hang zu Karikatur und Kabarett. …
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Kultura extra
Thomas Rothschild, 23. Jun 24
Joseph Roths zweiter Roman Hotel Savoy von 1924 … zeichnet ein Bild der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg im polnischen Łódź. Es ist geprägt von Elend, von gestrandeten Existenzen, aber auch von wohlhabenden Aufsteigern, die einander allesamt an einem von Roth geliebten Schauplatz, einem Hotel eben, begegnen. ... Zentrale Figur ist der aus dem Krieg heimgekehrte Gabriel Dan, der im Roman als Ich-Erzähler auftritt. Auch die Bühnenbearbeitung lässt ihn in der Ich-Form sprechen. Die Herkunft aus der Epik wird nicht camoufliert. Das erleichtert die Übergänge zu den Lied-Einlagen.

… [die] Arrangements der Musik durch Andreas Schett und Markus Kraler [nehmen] den Operetten-Evergreens jegliche Sentimentalität … Dass nicht nur die professionellen Sänger*innen, sondern auch die Schauspieler*innen zumeist hervorragend singen, befreit das Unternehmen von möglicher Peinlichkeit. … Gabriel Dan und sein Freund Zwonimir (herausragend: Klaus Rodewald) singen im Duett "Irgendwo auf der Welt". Das klingt anrührend, aber auch ein wenig nach Ufa, die dem jüdischen Komponisten nach der „Machtergreifung“ kündigte.
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SWR2 Kultur am Morgen
Karin Gramling, 24. Jun 24
Auf einer runden schräggestellten Bühne mit ein paar schwarzen Stühlen folgt ein regelrechtes Best-Off-Feuerwerk aus Operettentiteln. Großartig gespielt von Musicbanda Franui. Stimmlich sehr gut bewältigt vom insgesamt spielfreudigen Ensemble des Schauspiels, das sich mit der Sopranistin Josefin Feiler und dem Tenor Moritz Kallenberg von der Oper verstärkt hat.
In vielen Tanzszenen dreht das Ensemble richtig auf: Zwielichtige Industrielle treten auf – obenrum Frack, untenrum ein weißes Tütü. Überdrehte Tanzgirls, die mit Straußenfedern wedeln. Männer spielen Frauen und umgekehrt. Mit viel Slapstick und Humor.
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ostalb.net
Wolfgang Nußbaumer, 25. Jun 24
Gesungen wird … hervorragend. Und das in allen Lagen. Selbst als Josefin Feiler in der Rolle der Stasia die schiefe Ebene der von Ralf Käselau eingerichteten Bühne herunterkullert, trübt kein Quäntchen Anstrengung ihren tragenden Sopran. Gleiches gilt für den Tenor Moritz Kallenberg, der als schnöseliger Reichenspross Alexander Böhlaug, als Militärarzt, der aus einer Klappe im Bühnenboden auftaucht, und als überkandidelter Fabrikant Kanner im Tüll-Tutu seine Vielseitigkeit zeigt. …

Marco Massafra tritt als … Heimkehrer … allein auf die Bühne; desillusioniert, mit nur einem gleich zu Beginn des Stücks geäußerten Wunsch: „Meinen Weg nach dem Westen fortzusetzen“. Am Ende steht er wieder allein da, nachdem das Hotel in einem Akt des Aufruhrs abgebrannt ist. „Zum erstenmal nach fünf Jahren stehe ich wieder an den Toren Europas“, stellt Dan ohne Hoffnung in der Stimme fest. Beklemmend dieser Schluss.
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Südkurier Konstanz
Elisabeth Schwind, 24. Jun 24
[Das Franui-Ensemble spielt] in einer Besetzung, die an Blasmusikkapellen und alpenländische Folklore erinnert – Akkordeon, Klarinette, Hackbrett und Harfe inklusive, und auch eine Geige ist zur Stelle. Alles in allem eignet sich das auch, um den Klezmer aus der Operette herauszukitzeln. Und das tut Franui immer wieder. Selbst eine Nummer wie „Meine Lippen, die küssen so heiß“ aus der mit mancherlei Exotismen spielenden Operette Giuditta klingt plötzlich nach Osteuropa statt nach Süditalien (wunderbar hier Josefin Feiler, die wie auch Tenor Moritz Kallenberg zum Ensemble der Staatsoper gehört).
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