Hotel Savoy (UA)
oder Ich hol' dir vom Himmel das Blau
Schauspielhaus
Ab Klasse 9
Dauer – ca. 2:30 Std, eine Pause
In deutscher Sprache mit englischen Übertiteln
Eine Kooperation des Schauspiel Stuttgart und der Staatsoper Stuttgart
Uraufführung
Sa – 22. Jun 24
Sa – 22. Jun 24
In Joseph Roths frühem Roman wird ein Hotel zur Metapher für die durch den Ersten Weltkrieg aus den Fugen geratene Welt. Die Erfahrungen von Exil und Verlorenheit sind dem Text eingeschrieben. Gestrandete Existenzen, Soldaten, Bankrotteure, üble und andere Profiteure, echte und unechte Künstler sowie Prostituierte haben sich dort niedergelassen. Sie alle warten auf die Ankunft des Hotelbesitzers und Milliardärs Bloomfield aus Amerika – wie auf den Messias. Allen voran der Kriegsheimkehrer Gabriel Dan. Aber Bloomfield hat mit seinem Besuch etwas ganz anderes im Sinn als die Rettung des Hotels Savoy und seiner Gäste …
Der Roman dient als Handlungsfaden dieses Musiktheaters. Nahezu alle Komponisten der Silbernen Operettenära verbindet eine gemeinsame Geschichte: Sie wurden von den Nationalsozialisten vertrieben. So verschwand auch die Kunst der Unterhaltungsmusik aus dem deutschsprachigen Raum – ein Verlust, den die europäische Klassikwelt bis heute nicht überwunden hat. Das Schicksal Paul Abrahams steht sinnbildlich für das Leid vieler erfolgreicher Musiker der Weimarer Republik: Verrückt geworden dirigiert er am Times Square den Verkehr. In Kenntnis dieser Lebensgeschichten kann die Operettenmusik, sozusagen mit einem Ohr rückwärts und einem weit in der Zukunft, auch anders und aufregend neu gehört werden. In dieser neuen Lesart werden die größten Hits aus der Zeit zwischen 1900 und 1935 von der Musicbanda Franui musikalisch bearbeitet und rekomponiert.
Der Roman dient als Handlungsfaden dieses Musiktheaters. Nahezu alle Komponisten der Silbernen Operettenära verbindet eine gemeinsame Geschichte: Sie wurden von den Nationalsozialisten vertrieben. So verschwand auch die Kunst der Unterhaltungsmusik aus dem deutschsprachigen Raum – ein Verlust, den die europäische Klassikwelt bis heute nicht überwunden hat. Das Schicksal Paul Abrahams steht sinnbildlich für das Leid vieler erfolgreicher Musiker der Weimarer Republik: Verrückt geworden dirigiert er am Times Square den Verkehr. In Kenntnis dieser Lebensgeschichten kann die Operettenmusik, sozusagen mit einem Ohr rückwärts und einem weit in der Zukunft, auch anders und aufregend neu gehört werden. In dieser neuen Lesart werden die größten Hits aus der Zeit zwischen 1900 und 1935 von der Musicbanda Franui musikalisch bearbeitet und rekomponiert.
Inszenierung
Musikalische Leitung
Bühne
Kostüme
Licht
Choreografie
Dramaturgie
Korrepetition
Christopher Schumann
Besetzung
Statisterie Schauspiel
… die Welt, in die Gabriel Dan eintaucht, gibt es nicht mehr, hier klingt sie an, mit der Musik von Lehár, Benatzky, Abraham, Leo Fall, Oscar Straus, fabelhaft arrangiert von Markus Kraler und Andreas Schett von Franui. Mit Hackbrett und Harfe, viel Gebläse, gefärbt von Charleston, Swing und immer wieder einem vorüberziehenden Hauch der Berge. …
Ein Beispiel: „Da geh ich zu Maxim“ von Franz Lehár. Im weltberühmten Refrain nimmt sich die Combo vollkommen zurück, nur Hackbrett und Harfe begleiten mit äußerster Zartheit, der Gesang von Moritz Kallenberg hat nichts mehr Auftrumpfendes, das Lied wird zu einer Erinnerung an vielleicht die einstige, eigene Großartigkeit.
… [Josefin] Feiler ist eine Nummer für sich, tanzt Charleston und singt dabei Koloratur, sie spielt grandios, schonungslos, kennt keine Eitelkeit, dafür immensen Witz, sie ist hellwach. Wenn sie auftritt als Stasia, die alle lieben, dann ist Glück.
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… Im Roman wechseln ständig Präsens und Präteritum. Im Musiktheater von Franui werden dessen Figuren zu Dialogpartnern mit eigener Kontur … Sie alle wirbeln jetzt in „Hotel Savoy“ um- und durcheinander. Das ist sehr unterhaltsam, oft lustig. …
Die Arrangements der Operettennummern für das bläserbetonte Ensemble ... haben meist einen dunklen Trauerrand. Die tollen Schauspielerinnen und Schauspieler …, dazu der Tenor Moritz Kallenberg und die Sopranistin Josefin Feiler von der … Staatsoper: Sie alle machen den Abend singend, tanzend, sprechend, spielend zu einem quirligen Theaterereignis, das Franui fantasievoll mit Musik garnieren. … hier ist die „Hybridoperette“ dort angekommen, wo sie zu Hause, stark und ganz bei Joseph Roth ist: in der Mitte zwischen Freude und abgrundtiefem Schmerz. …
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Marco Massafra als Gabriel bewegt sich mit traurig-ernstem Blick nah an der Vorlage, ein Typ wie Chaplins Tramp, der weder Stasia seine Liebe gestehen mag, noch seinem Freund Zwonimir (Klaus Rodewald) bei der Revolution behilflich sein kann. …
… Großartig sind Moritz Kallenberg und Josefin Feiler von der Staatsoper: stimmlich wie darstellerisch. Viel Applaus für einen Abend, der auch Albernheiten nicht scheut.
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Regisseurin Corinna von Rad platziert diese Melange aus Romanadaption und Operette auf einen runden Präsentierteller, halb Showarena, halb Hotelfoyer. Sie mischt Ironie mit Herbheit: Fabrikanten in Tütüs und traurige Clowns lieben, leiden, stützen und hintergehen sich.
Das Politische schwingt lediglich mit. ... Bei Franui klingt manches an. … Wer will, kann alles hören: die Ambivalenz der Operette zwischen Bespaßung und Subversivität, den riesigen Echoraum des Romans in Zeiten von Krieg und Revolution.
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Zur vollständigen Kritik mit O-Tönen
… alle Schauspieler [bringen] ihre Songs facettenreich zur Darstellung …: Klaus Rodewald als Gabriels Freund und Gefährte Zwonimir sein Lied vom Glück aus Leo Falls „Madame Pompadour“, Marco Massafra mit ihm gemeinsam das melancholisch-utopische „Irgendwo auf der Welt“, Josephine Köhler ihr rotziges „Was kümmert mich die ganze Welt“, Boris Burgstaller als August der Esel die „Mehlspeis‘“ aus Benatzkys „Das kleine Café“ oder zusammen mit Gábor Biedermanns traurigem Clown Santschin das traurige „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände.“
Die Regisseurin Corinna von Rad inszeniert diese Szenenrevue der surrealen Sehnsüchte und schrägen Typen mit Gefühl für Zwischentöne und Hang zu Karikatur und Kabarett. …
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… [die] Arrangements der Musik durch Andreas Schett und Markus Kraler [nehmen] den Operetten-Evergreens jegliche Sentimentalität … Dass nicht nur die professionellen Sänger*innen, sondern auch die Schauspieler*innen zumeist hervorragend singen, befreit das Unternehmen von möglicher Peinlichkeit. … Gabriel Dan und sein Freund Zwonimir (herausragend: Klaus Rodewald) singen im Duett "Irgendwo auf der Welt". Das klingt anrührend, aber auch ein wenig nach Ufa, die dem jüdischen Komponisten nach der „Machtergreifung“ kündigte.
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In vielen Tanzszenen dreht das Ensemble richtig auf: Zwielichtige Industrielle treten auf – obenrum Frack, untenrum ein weißes Tütü. Überdrehte Tanzgirls, die mit Straußenfedern wedeln. Männer spielen Frauen und umgekehrt. Mit viel Slapstick und Humor.
Zur vollständigen Kritik mit O-Tönen
Marco Massafra tritt als … Heimkehrer … allein auf die Bühne; desillusioniert, mit nur einem gleich zu Beginn des Stücks geäußerten Wunsch: „Meinen Weg nach dem Westen fortzusetzen“. Am Ende steht er wieder allein da, nachdem das Hotel in einem Akt des Aufruhrs abgebrannt ist. „Zum erstenmal nach fünf Jahren stehe ich wieder an den Toren Europas“, stellt Dan ohne Hoffnung in der Stimme fest. Beklemmend dieser Schluss.
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