Am Ende Licht (DSE)

von Simon Stephens
Deutsch von Barbara Christ
Schauspielhaus
Dauer – ca. 2:50 Std, eine Pause
Deutschsprachige Erstaufführung
Sa – 13. Nov 21
Am 6. Februar 2017 stirbt Christine nachmittags in einem Supermarkt an einer Gehirnblutung. Zur selben Zeit verabredet sich ihr untreuer Ehemann Bernhard mit zwei jüngeren Frauen in einem Hotel zum Sex.
Ihre Tochter Jess, eine Volksschullehrerin, wacht neben einem Fremden auf und beginnt sich in ihren neuen One-Night-Stand zu verlieben. Christines zweite Tochter Ashe streitet mit ihrem Ex-Partner, einem ehemaligen Drogenabhängigen, über die Unterhaltszahlungen für ihr gemeinsames Kind. Und ihr Sohn Steven, der sich lustlos durch sein Jurastudium quält, kämpft um seinen Freund, der ihn zu verlassen droht.
Simon Stephens erzählt die Geschichte einer Familie von heute. Von Eltern, die sich fremd geworden sind, aber nicht voneinander loskommen. Von Kindern, die auf ihrem Weg erwachsen zu werden in existentielle Krisen geraten und gegen das Chaos in ihrem Inneren kämpfen. In Echtzeit dokumentiert Simon Stephens in kurzen nebeneinander laufenden Szenen diese Lebensgeschichten, am Rande des Scheiterns. Am Ende Licht beschreibt das unsichtbare Band, das Christines Familie über ihren Tod hinaus trotz aller persönlichen Schicksalsschläge zusammenhält.

Pressestimmen

Frankfurter Allgemeine Zeitung
Grete Götze, 17. Nov 21
"eindrucksvolles Stück"

"Es ist eine leise, feine Inszenierung, die man in Stuttgart zu sehen bekommt. Elmar Goerden zeigt mit unverschnörkelter Klarheit und eindrücklichen Bildern eine in prekären Verhältnissen lebende Familie aus Englands Norden, die versucht, das Beste aus allem zu machen, auch wenn sie weiß, dass sie damit nie hoch hinaus kommen wird."

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Stuttgarter Zeitung
Nicole Golombek, 15. Nov 21
"In einem Monolog, virtuos zwischen Lakonie und Staunen, schildert Sylvana Krappatsch als Christine ihre letzten Minuten im Supermarkt…"

"Elmar Goerden konzentriert sich auf die Dialoge, lässt das Ensemble tragikomische Situationen entwickeln."

"Marco Massafra überzeugt als selbstverliebter "Ich sehe fantastisch aus"-Freund Andy des jungen Steven, den Jannik Mühlenweg mit beeindruckendem Selbsthass ausstattet. Die Momentaufnahmen im Leben dieser Familie sind voller wütender, trauriger, immer aber voller zärtlicher Stimmung. Womöglich werden sie nicht gut enden, diese Beziehungen, aber die Leute strengen sich an, versuchen, nett zueinander zu sein."

"großartiges Schauspielertheater"

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Südwest Presse
Otto Paul Burkhardt, 15. Nov 21
"Sylvana Krappatsch spielt diese Christine, Mitte 40, eine Frau, die hinter dem verhuschtem Outfit eine beklemmende Familiengeschichte verbirgt. Und wie die Krappatsch das macht! Sie spricht diesen Pseudomonolog, der ständig stockt und wieder aufbraust, mit vielen Stimmen: eine irre Collage aus Bilanz, Geständnis, Verletztheit, Trauer, Wut – ein Krankenbericht, ein Leidensprotokoll, das von innen kommt und doch auch wie aus dem Weltall aufs eigene kleine Ich herabschaut. Lakonisch, ohne Anklageton, von aberwitzigen Perspektivwechseln durchzuckt. Sensationell."

"Goerden schafft ein Kunststück: Ensembletheater, Sozialporträt und Traumspiel greifen subtil ineinander. Trostlos und beflügelnd zugleich."

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Schwäbische Zeitung
Jürgen Berger, 16. Nov 21
"Mitreißende Erstaufführung"

"Mit "Am Ende Licht" ist [Simon Stephens] nicht nur eine flirrende Familienaufstellung gelungen, er beschreibt auch die sozialen Abgründe eines schrumpfenden Königreichs, in dem die gesellschaftlichen Spannungen auch nach dem Brexit eher zu- als abnehmen."

"Manchmal hält Krappatsch ungläubig inne, als könne sie nicht glauben, dass diese Frau einfach weiterspricht. Dann stammelt sie oder lässt die Stimme verwaschen klingen, als ereigne sich jetzt gerade die tödliche Gehirnblutung. Das sind große Bühnenmomente gleich zu Beginn einer Inszenierung, die Simon Stephens Text genau folgt, in deren Verlauf Elmar Goerden zusammen mit einem hervorragend aufgelegten Ensemble aber auch dafür sorgt, dass man immer mehr von diesen Menschen erfahren will, die da aneinander vorbeiwandeln oder aufeinanderprallen. Ein spannender Theaterabend."

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Ludwigsburger Kreiszeitung
Arnim Bauer, 15. Nov 21
"sehenswert"

"Eine dramaturgisch gewagte Gratwanderung, die aber gelingt, vor allem auch, weil Sylvana Krappatsch so differenziert diese Rolle zwischen halbem Leben und Tod ausfüllt, wie sie unvermittelt zwischen längst entschwebender Leichtigkeit und ganz konkretem Eingreifen und Dabeisein ihre Spielweise anpassen kann, wie sie dieses Zwischenstadium greifbar macht."

"Letztlich … ein besonderes Stück, vor allem deshalb, weil Stephens etwas wagt, was sowohl für das alte als auch das postmoderne Drama unüblich ist: Er wagt einen zuversichtlich stimmenden Schluss, wo sonst meist düstere Schwarzmalerei, furchtbare Enden oder Tragik pur an der Tagesordnung sind. Denn das Stück endet mit der Hoffnung und dem Glauben an den Zusammenhalt, der auch in der verfahrensten Familiengeschichte vorkommt. Und so kann Christine tanzend und singend, erleichtert ins Reich der Toten entschweben, ganz nach dem Titel, "am Ende Licht" eine weitere großartige Szene der wunderbaren Sylvana Krappatsch…"

Die deutsche Bühne
Manfred Jahnke, 14. Nov 21
"Stephens liefert wieder wunderbares Schauspielerfutter"

"psychologisches Theater in Perfektion"

"Elmar Goerden kann an diesem Abend seine Stärken voll verwirklichen: feine Psychogramme der Figuren, dazu ein szenisches Bildmaterial, die diese Intentionen unterstützt. Und er lässt sich Zeit –drei Stunden braucht er für seine filigranen Charakteranalysen. Das ist mit einem tollen Ensemble perfekt gemacht."

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Theater der Zeit
Otto Paul Burkhardt, Jan 2022
"Goerden setzt weniger aufs Laute, Exaltierte als vielmehr auf leise, vielsagende Details. Auf Tragikomik und auf einen, typisch für Stephens, subkutanen Trotz-Alledem-Optimismus. … Ein Gesellschaftsporträt mit zuversichtlichem Grundton? Vielleicht. Doch durch Stephens‘ Familiendrama zieht sich ein politisch-sozialer Subtext, der auf die ökonomischen Wurzeln des Elends hinweist."
Nachtkritik
Verena Großkreutz, 14. Nov 21
"Expressiv flackernd und sehr fein differenzierend in den Bewegungen, der Mimik und der Intonation schafft es Sylvana Krappatsch zu irritieren."

"Das gesamte Ensemble dreht auf, gibt alles, macht klar: in Christines Kindern lodern Wut, Misstrauen und Überforderung. Der Alkoholismus der Mutter, die Untreue des Vaters haben ihre Spuren in der Familie hinterlassen. Alles trefflich gespielt: die Wut der Verletzung, die Jannik Mühlenweg als Steven seinem Lover entgegendonnert; die Skepsis, mit der Katharina Hauter als Jess ihre neu Liebe ständig im Visier hat; die Mischung aus Melancholie und aufschäumendem Triebleben, die Klaus Rodewald als Bernard an den Tag legt."

"Der Regisseur Elmar Goerden lässt das Ensemble den ganzen weiten, leeren Bühnenraum nutzen – viel Platz fürs Spiel mit Nähe und Distanz. … Dennoch würde aus dem Ganzen schnell eine Episoden-Kiste, gäbe es nicht die surreale Ebene: diese durchs Stück geisternde Mutter-Figur …."

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Südkurier
Siegmund Kopitzki, 15. Nov 21
"Krappatsch redet wunderbar drauf los, Mimik, Intonation, alles stimmt, selbst das Flackern ihrer Augen glaubt man zu sehen. Große Schauspielkunst, was sonst!"

"Toll, wie die Akteure dieses Familien-Desaster durchziehen. Hemmungslos. Schonungslos. Regisseur Elmar Goerden stellt ihnen dafür den ganzen weiten, leeren Bühnenraum als Spiel- und Arbeitsfeld zur Verfügung."

Kultura extra
Thomas Rothschild, 14. Nov 21
"Goerden erweist sich einmal mehr als ein genauer, um Verständnis des Textes bemühter, uneitler, also nicht auf Mätzchen versessener Regisseur. … Dass es auf Kosten der Bühnenwirkung gehen muss, wenn man sich auf die Vorlage einlässt, ist Quatsch, und Goerdens Inszenierung liefert einen weiteren Beleg dafür."

"Beglückend ist die Wiederbegegnung mit den viel zu selten präsenten Sylvana Krappatsch und Klaus Rodewald als die lebend-tote Mutter Christine und ihr untreuer Mann Bernard."

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Deutschlandfunk Kultur
Christian Gampert, 17. Nov 21
"Die großartige Nina Siewert spielt eine überforderte Alleinerziehende, die den zahlungsunfähigen, hilflosen Junkie-Vater ihres Kindes resigniert zur Rede stellt. Und die einmal mehr zentrale Katharina Hauter gibt eine perspektivlose, fahrige Lehrerin, die sich zu ihrem eigenen Erstaunen in eine Zufallsbekanntschaft verliebt und ihre Verzweiflung über den Selbstmordversuch ihrer Schwester offenbart."
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ostalb.net
Wolfgang Nußbaumer, 06. Jan 22
"Sylvana Krappatsch gibt der Mutter Christine eine hoch differenzierte Gestalt."

"Stephens‘ Stück bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen kitschiger Kolportage und messerscharf gnadenloser Beobachtung, wobei das schmale Band der Empathie das Geschehen dauerhaft umschließt. Sie küssten und sie schlugen sich - immer in der Angst vor dem Verlust, immer in der verzweifelten Suche nach Zuneigung."

"Eine großartige Leistung bietet Jannik Mühlenweg als innerlich total aufgewühlter Steven, der weit mehr Lust auf Andy als auf sein Jurastudium hat. … Diese Ashe der Nina Siewert ist eine starke Frau, die aus ihrem Herzen keine Mördergrube macht und der Sorge um die Bewältigung des alltäglichen Daseins auch lautstark Luft verschafft. Logisch, dass nur sie es sein kann, die am Ende die Trauerrede für die tote Mutter halten wird. Sie probt dafür im Angesicht des Publikums. Ein starker Abgang."

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Trailer
Einblick mit Simon Stephens und Elmar Goerden