Draußen vor der Tür

von Wolfgang Borchert
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
Fr – 27. Dez 24, 19:30
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
Sa – 22. Feb 25, 19:30
Schauspielhaus
Ab Klasse 9
Dauer – ca. 1:40 Std., keine Pause
Premiere
Fr – 01. Nov 24
Karten
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
Fr – 27. Dez 24, 19:30
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
https://www.schauspiel-stuttgart.de/ Schauspiel Stuttgart Oberer Schloßgarten 6, 70173 Stuttgart
Sa – 22. Feb 25, 19:30
Ein junger Mann steht auf einer Brücke über der Elbe und schaut in die Ferne. Er ist auf der Suche nach seiner Familiengeschichte. Nach der Beerdigung seines Großvaters fand er auf dem Dachboden einen Koffer, darin einen alten Wehrmachtsmantel, eine Gasmaskenbrille und einen goldenen Adler. In der Familie herrscht Schweigen darüber. Wer war dieser alte Mann, den ich Opa nannte wirklich, denkt er. Auf der Suche nach Erklärungen taucht er in eine surreale Traumreise am Ende des Zweiten Weltkrieges ein, in die Geschichte seiner Familie, seines Großvaters, eines Mannes namens Beckmann:

In dieser Geschichte kommt der erst 25 Jahre alte Soldat Beckmann 1945 nach Hause und dann doch nicht nach Hause, weil gar kein zu Hause mehr da ist. Was macht nun einer, der heimkehrt aus dem Krieg? An dem Tod, Verzweiflung und Hunger kleben wie eine zweite Haut? Sechs Jahre Krieg sind nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Und zu Hause ging das Leben weiter – nur eben ohne ihn. Seine Frau hat jetzt einen anderen, seine Eltern sind tot. Was bleibt also? Nichts, denkt sich der junge Beckmann und will ins Wasser. Was aber, wenn der Fluss ihn nicht will und wieder ausspuckt? „Such dir ein anderes Bett, wenn deins besetzt ist. Ich will dein armseliges bisschen Leben nicht. Du bist mir zu wenig“, sagt die Elbe. Da ist aber plötzlich noch „der Andere“, der ihm von nun an nicht mehr von der Seite weichen wird und aufpasst, dass er sein Leben nicht mehr so schnell wegwirft. „Vielleicht“, denkt sich Beckmann, „bin ich auch ein Gespenst. Eins von gestern, das heute keiner mehr sehen will. Ein Gespenst aus dem Krieg, für den Frieden provisorisch repariert.“ Aber so leicht kommt er dem Leben nicht davon. Und ein Gespenst, wird ihm klar, ist er schon gar nicht.

Draußen vor der Tür wurde bei seiner Uraufführung 1947 als „Aufschrei einer ganzen Generation“ verstanden. Der Autor war achtzehn Jahre, als der Krieg ausbrach, und vierundzwanzig, als er zu Ende war. Zwei Jahre blieben ihm noch, um gegen die Lügen, das falsche Pathos und Heroismus anzuschreiben, bevor er mit nur sechsundzwanzig Jahren an den Folgen des Krieges starb.

Die israelische Regisseurin Sapir Heller beginnt ihre Inszenierung mit dem Blick der dritten Generation nach dem Zweiten Weltkrieg auf den deutschen Nationalsozialismus und ihre Großelterngeneration. Welche Perspektive nehmen wir Nachgeborenen auf diese Zeit heute ein? Sie erzählt die Geschichte Beckmanns als traumhafte Revue mit Live-Musik, als surreale Reise mit giftigen Untertönen und Reibungen.
Inszenierung
Bühne / Kostüm
Choreografie
Kathrin Evelyn Merk
Dramaturgie
Benjamin Große

Pressestimmen

Südwest Presse
Otto Paul Burkhardt, 04. Nov 24
Das Konzept geht auf. Borcherts Stück funktioniert auch als Revue, als Traumvision eines traumatisierten Heimkehrers. Surreal, gespenstisch, aber auch immer wieder empathisch durchwirkt und mit reichlich Denkstoff angereichert. Schwer und leicht gehen gut zusammen. Kurz, das Beste seit langem im Schauspielhaus.
Nachtkritik.de
Steffen Becker, 02. Nov 24
Wolfgang Borcherts Kriegsheimkehrer-Stück ist aus denkbaren Gründen zurück auf den Bühnen. Als Leidensshow mit Musik im Stil einer Revue dürfte man es aber noch nie gesehen haben. Regisseurin Sapir Heller hat's gewagt – und trifft trotzdem den Ton der Vorlage.

… Die Darsteller … exekutieren den Revue-Ansatz frenetisch. Als da unter anderem wären: Anke Schubert als „der Andere“, die Beckmann immer weiter pusht auf seinem Weg – mit bestimmt-freundlicher „Stell dich nicht so an“-Haltung einer Mutter, wenn das Kind heulend vom Spielplatz kommt. Teresa Annina Korfmacher, die in diversen Frauenrollen alles an Angespanntheit reinlegt, um die grässliche Vergangenheit maximalst wegzudrücken. Tim Bülow als Meerjungfrau beziehungsweise Elbe, die als schnoddrige Reeperbahn-Puffmutter Selbstmord-Gedanken des Protagonisten mit dem Hinweis blockt, dass sie ihn wieder ausspucken werde. Sebastian Röhrle, als blasierter Oberst, der sich von Beckmann nicht die Verantwortung für ein paar Tote zuschieben lassen will – und dafür kalt lächelnd ein Offizierslied raushaut, das wie Rammstein klingt und jedes Bedauern verhöhnt.

… die (modernen) Songs sind auf den Punkt komponiert und passen sich nahtlos in die Szenen des Dramas (von 1947) ein. … man versucht alles, um nach dem Krieg die Traumata mit guter Laune zu überdecken, aber das bleibt eine schiefe Illusion. … [Simon Löcker wechselt überzeugend] zwischen Selbstmitleid, Aggression und Trauer. Das trägt den Abend und bewahrt die ernste Note zwischen all dem Trauma-Konfetti.
Zur vollständigen Kritik
Die deutsche Bühne
Manfred Jahnke, 02. Nov 24
… ist es 2024 trotz Ukrainekrieg oder den Kriegshandlungen in Gaza – noch heute ein bedrängendes Stück? Am Schauspiel Stuttgart greift Sapir Heller ... zu einem dramaturgischen Trick: Sie lässt die Geschichte aus der Perspektive des Enkels von Beckmann, der sich mit 86 Jahren in die Elbe gestürzt hat, erzählen. …

Zu Beginn sitzt Simon Löcker als Beckmann auf den Kopf des Adlers und erzählt die Vorgeschichte. In seinem Spiel changiert er zwischen seinem Ich und dem seines Vorfahren. Sapir Heller deutet das mit wenigen Eingriffen an. … In seinem Spiel bleibt schillernd, wie stark seine Identifikation mit dem Großvater ist. Sein Alter Ego „Der Andere“ wird fast mütterlich warmherzig von Anke Schubert dargestellt. … Sebastian Röhrle als rülpsender Tod mit Müllsack und Boris Burgstaller als gebrochener, ungeliebter Gott vervollständigen das glänzend aufspielende Ensemble.
Zur vollständigen Kritik
Stuttgarter Zeitung
Nicole Golombek, 04. Nov 24
Abgründig charmant wird es, wenn Tim Bülow sich mit Schaum-kronenturban auf dem Kopf aufs Klavier des Musikers Alexander Vičar setzt und mit gemeinem Lächeln die gefühlseiseskalte Elbe spielt. …

… Die zutiefst menschliche Verzweiflung angesichts der bis heute nicht aufhörenden Kriege, die der junge Held ins Dunkel des Zuschauerraums hinein schreit, sie wirkt nach.
Zur vollständigen Kritik
Ludwigsburger Kreiszeitung
Uta Reichardt, 06. Nov 24
Klug ist dieser zeitgenössische Blick zurück durch die Augen des Enkels gewählt. Denn … der Blick der jungen Generation auf das Ende des Zweiten Weltkriegs, auf … vererbte Traumata des Schweigens in Familie wie Gesellschaft, ist zur Auseinandersetzung mit aktuellen und künftigen Krisen unabdingbar.

… Wenn der imposante Goldkopfadler seine schwarzen Schwingen für die Bühne der Vergangenheit öffnet, stolpert der quasi doppelte Beckmann durch eine mitunter schaurig-albtraumhafte, dann wieder ironisch-überspitzte, zum Lachen reizende Revue-Show. …

Letztendlich bleiben beide Beckmanns, Großvater und Enkel, auch in Sapirs insgesamt sehr sehenswerter Neuauflage Draußen vor der Tür, die Antworten auf ihre drängenden Fragen versagt. Und dennoch: Die surreale Zeitreise … lehrt den Enkel Beckmann, am Ende besser zu verstehen, wo er herkommt und warum er geworden ist, wie er ist. …
Zur vollständigen Kritik